In der Affäre um die Besetzung eines der höchsten Richterämter Nordrhein-Westfalens zieht Justizminister Benjamin Limbach nach Kritik auch des BVerfG die Konsequenzen. Das Auswahlverfahren für einen neuen Präsidenten des OVG Münster wird neu gestartet.
In der Affäre um die umstrittene Besetzung der Spitze des OVG Münster wird das Verfahren neu aufgerollt. Das kündigte Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) in Düsseldorf an. Es müsse eine neue Auswahlentscheidung geben, die einer neuen Beurteilung aller Bewerber bedürfe, sagte Limbach. Das Kabinett werde die bisherige Auswahl aufheben.
Zuvor war die Beurteilung für die bisher erfolgreiche Kandidatin, die Abteilungsleiterin im Innenministerium war, aufgehoben worden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei dieser Beurteilung ein Formfehler unterlaufen sei, teilte NRW-Innen-Staatssekretärin Daniela Lesmeister mit.
Derzeit beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags mit dem Fall. Zeugen hatten dort ausgesagt, dass die Kandidatin auf Grundlage eines Gutachtens an ihren männlichen Mitbewerbern vorbeigezogen war. Der Gutachter hatte kritisiert, dass die Beurteilung der Kandidatin mit Bestnoten ausschließlich durch Staatssekretärin Lesmeister erfolgt sei, die lediglich zwei Monate Vorgesetzte der Beurteilten gewesen sei. Dies widerspreche der einschlägigen Richtlinie. Der Untersuchungsausschuss will prüfen, ob Vettern- und Parteibuchwirtschaft den Ausschlag bei der Besetzung der Präsidentenstelle gaben oder die Kompetenz der Bewerber.
Zwei Verwaltungsgerichte hatten das Besetzungsverfahren gestoppt. Zuerst 2023 das das VG Düsseldorf im Eilverfahren. Das VG Münster hatte dabei scharfe Kritik geäußert und von manipulativer Verfahrensgestaltung geschrieben. Das OVG hatte dann aber keine durchgreifenden Bedenken gesehen - wurde aber vom BVerfG angewiesen, den Fall noch einmal genauer zu prüfen. Die Besetzung des Postens hatten die Karlsruher Richterinnen und Richter gestoppt.
SPD: Desaster für die Landesregierung
"Was für ein Desaster für die Landesregierung! Das gesamte OVG-Besetzungsverfahren ist damit hinfällig. Es fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen", erklärte die SPD-Obfrau des Untersuchungsausschusses, Nadja Lüders. "Mit dem Eingeständnis, dass die Anlassbeurteilung für die Abteilungsleiterin rechtswidrig war, ist gleichzeitig der erste Täter in diesem Justiz-Krimi entlarvt." In der vergangenen Woche war ein Gutachter im Auftrag der Opposition zu dem Ergebnis gekommen, dass die entscheidende Beurteilung rechtswidrig war.
Das NRW-Innenministerium habe mindestens eine Teil-Schuld an der gesamten Verstrickung, ergänzte Lüders. Es habe eine Bestnote auf Bestellung für die Auswahl der gewünschten Kandidatin geliefert. "Das Blatt hat sich nun gewendet. Hochmut kommt vor dem Fall." Das Besetzungsverfahren sei damit hinfällig. "Die schwarz-grüne Landesregierung hat sich nicht nur bis auf die Knochen blamiert, sie hat damit auch der Justiz schweren Schaden zugeführt."
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
OVG Münster, Stellenbesetzung, Unterbrechung des Besetzungsverfahrens, BeckRS 2024, 3347
BVerfG: Prüfung zu offensichtlich fragwürdigen Besetzungsumständen, DRiZ 2024, 370
BVerwG, Auswahlentscheidung für Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens, NVwZ 2014, 75