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Terrorismusbekämpfung – Wie sicher ist sicher genug?

Professor Dr. Christoph Gusy, Bielefeld

22/2024

Das viel diskutierte „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung besteht aus einem Bündel unterschiedlicher Gesetzesänderungen. Entgegen manchen Erwartungen erlangte es im Bundestag eine Mehrheit. Hingegen scheiterte ein leicht nachjustiertes (dokumentiert in BR-Drs. 512/24; krit. BR-Drs. 512/1/24) zustimmungspflichtiges Vorhaben im Bundesrat. Dessen Mehrheit hat sich gegen (etwas) mehr Sicherheit entschieden, um (noch etwas) mehr Sicherheit zu fordern und zu erreichen. Weil der große Schritt nicht gelingen konnte, ist nicht einmal der kleine Schritt gegangen worden. Einstweilen bleibt die momentane Rechtslage also hinter den Konzepten von Bundesregierung und denen der Ländermehrheit zurück.

Je krisenanfälliger die Zeit, desto eher wird Sicherheit ein Leitmotiv der Politik. Sie zu fordern ist leicht, sie zu realisieren ist schwieriger. Gesetzgebung allein kann sie nicht herstellen, wohl aber Vor- bzw. Rahmenbedingungen setzen und Ermächtigungen erteilen. Diese sind auf Operationalisierung durch Behörden, Gerichte und die Gesellschaft angewiesen. Sie gelingt am besten, wenn die Rechtsnormen auf Wirksamkeit angelegt sind und nicht bloße Symbolpolitik betreiben. Und sie müssen europarechts- und grundgesetzkonform sein, insbesondere Menschen- und Grundrechte, faire Verfahren und Verteilungsgerechtigkeit für alle, die darauf angewiesen sind, einbeziehen. Für derart anspruchsvolle Leistungen bedarf eine handlungsfähige Demokratie handlungsfähiger Demokraten in Volk, Parteien und Parlamenten, also eines hinreichenden Basiskonsenses für Gesetzeserlass und Gesetzesvollzug. Politik ist wesentlich die Kunst des Möglichen.

Völlige Sicherheit gibt es nicht! Da hierüber leicht Einigkeit hergestellt werden kann, liegt die Aufgabe der Legislative in der Suche danach, was wie gesichert werden soll. Denn Ziele und Mittel sind nicht einfach auseinander ableitbar. Die Mühe der Ebene liegt in der Operationalisierung: Hier gerät Rechtssetzung zu einem mühsamen und schrittweisen Prozess von Trial and Error. Das entspricht der Logik parlamentarischen Aushandelns als ständiger Suche nach alten und neuen Mehrheiten. Sie beweist und bewährt sich nicht allein durch die Volkswahl, sondern noch mehr durch ihre Leistungen. Wer heute gut regiert, hat morgen bessere Chancen an den Urnen. Aber auch wenn das Bessere des Guten Feind sein mag, so folgt daraus nicht, auch das Gute zu lassen, wenn das intendierte Bessere (noch?) nicht gelingt. Politische Handlungsfähigkeit basiert zentral auf der Konsens- bzw. Kompromissfähigkeit der Demokraten – wem schließlich sollte man sie sonst überlassen? In diesem Sinne ist die Mehrheitsdemokratie am ehesten die Staatsform des „Ja aber“ und dem Fundamentalismus des bloßen „Nein“ überlegen. Dagegen produziert das eindimensionale Beharren auf eigenen Idealvorstellungen fast notwendig Enttäuschungen, bei Gegnern und – wichtiger noch – den eigenen Parteigängern.

Die Bundesregierung strebt nun Gespräche mit den Länderregierungen an, auch solchen, die von anderen Parteien regiert werden als der Bund. Sie sind umso notwendiger, je intensiver der Wahlkampf einsetzt. Noch zielführender wäre es gewesen, wenn solche Verhandlungen vorher stattgefunden hätten. In Zeiten verbreiteten Handlungsbedarfs ist eine gute Entscheidung besser als eine bloße Debatte, und sei sie noch so exzellent. Denn Parlamentarismus legitimiert sich nicht allein durch Diskussion, sondern ebenso durch seine Leistungen. Das gilt übrigens auch in anderen Politikfeldern.


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