Das OVG Münster hat entschieden, dass Nebenbestimmungen zu Corona-Soforthilfen nicht isoliert aufgehoben werden dürfen. Die in einer Bestimmung festgehaltene Rückzahlungspflicht nicht benötigter Mittel etwa sichere die EU-Rechtskonformität der Förderungen.
In Nordrhein-Westfalen wurden im Frühjahr 2020 rund 430.000 Bewilligungsbescheide ausgestellt, mit denen Corona-Hilfen für vom ersten Lockdown betroffene Betriebe gewährt wurden. Jeder dieser Bescheide wurde mit Nebenbestimmungen erlassen, die unter anderem eine Rückzahlungspflicht für nicht benötigte Mittel vorsehen oder wenn im Antrag falsche oder unvollständige Angaben gemacht worden sind. Außerdem behielt sich das Amt das Recht vor, die Angaben zu prüfen und verlangte die Aufbewahrung von Unterlagen.
Im konkreten Fall erhielt eine Klägerin für ihren Handwerksbetrieb Ende März 2020 eine Soforthilfe in Höhe von 9.000 Euro. Sie klagte gegen die in ihrem Bewilligungsbescheid enthaltenen Nebenbestimmungen, wurde jedoch sowohl in erster Instanz als auch in der Berufung abgewiesen.
Nebenbestimmungen europarechtlich zwingend
Der Vorsitzende des 4. Senats des OVG stellte klar, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Aufhebung der Nebenbestimmungen hat (Urteil vom 01.10.2024 - 4 A 357/21). Die Klage sei schon unzulässig, soweit sie solche Bestimmungen betreffe, die Rückzahlungspflichten festlegen. Es handele sich insoweit um nicht selbstständig anfechtbare Inhaltsbestimmungen des Bewilligungsbescheids, die Einzelheiten der Bewilligung näher festlegen und konkretisieren. Nur so habe die Bewilligung den Vorgaben der EU-Kommission genügt, die Soforthilfen an Wirtschaftsunternehmen nur erlaubt habe, um Liquiditätsengpässe von Unternehmen zu beheben und sicherzustellen, dass die durch den COVID-19-Ausbruch verursachten Störungen die Existenzfähigkeit nicht beeinträchtigten. Ohne diese Nebenbestimmungen hätte keine für die Rechtmäßigkeit nach dem Unionsrecht erforderliche Genehmigung der Kommission vorgelegen.
Für die übrigen Nebenbestimmungen war die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Das OVG widersprach der von der Unternehmerin vorgebrachten Ansicht, die Nebenbestimmungen seien vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden, was unzulässig gewesen wäre. Der Bewilligungsbescheid beruhe aber auch auf einer Willensbetätigung der zuständigen Sachbearbeiterin. Die Richterinnen und Richter erläutern, dass auch eine vollständig automatisierte Bewilligung nicht zur Aufhebung einzelner Nebenbestimmungen geführt hätte, sondern dann wäre der ganze Bescheid und mit ihm die Bewilligung der Corona-Hilfe rechtswidrig gewesen. Die Nebenbestimmungen seien zudem ermessensfehlerfrei am Zweck der Bewilligung und an den Vorgaben der EU-Kommission orientiert. Eine Mittelgewährung ohne diese Bestimmungen verstieße gegen das Unionsrecht. Der Senat ließ die Revision nicht zu, gegen diese Entscheidung kann jedoch Beschwerde beim BVerwG eingelegt werden (Urteil vom 01.10.2024 - 4 A 357/21).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank Beck-Online
Gundlach: Die Corona-Soforthilfe als Falle LKV 2022, 337
Jahn: Die Corona-Wirtschaftshilfen – Aktueller Sachstand und erste Evaluierung der Wirksamkeit GewArch 2024, 261
Röhner: Corona in der Rechtsprechung zur Grundsicherung: Höhere Bedarfe und Leistungsausschlüsse info also 2020, 205