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Referatsleiter-Affäre: Verkehrsministerium muss Fragen beantworten

VG Berlin
Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Di­gi­ta­les und Ver­kehr muss einem Jour­na­lis­ten Aus­kunft über die Ar­beits­zei­ten eines Re­fe­rats­lei­ters er­tei­len. Ob der Mann für die FDP Par­tei­ar­beit leis­tet, wäh­rend er vom Mi­nis­te­ri­um be­zahlt wird, sei von gro­ßem öf­fent­li­chem In­ter­es­se, so das VG Ber­lin im Eil­ver­fah­ren.

Ende April hatte die Bild-Zeitung berichtet, ein Referatsleiter aus dem Ministerium von Volker Wissing (FDP) verbringe regelmäßige ganze Arbeitstage statt im Ministerium in der Parteizentrale der FDP. Der Verdacht des Boulevard-Mediums: Der Referatshalbleiter, der sich demnach die Leitung seines Referats mit einem Kollegen teilt, arbeite auf Staatskosten weiterhin für die FDP. Ihre Indizien: keine Arbeitsnachweise im Ministerium, dafür aber eine bestätigte Telefon-Durchwahl und eine FDP-Mailadresse des Spitzenbeamten in der Bundesgeschäftsstelle der Partei. 

Nachdem das Ministerium sich zunächst unter Verweis auf "Persönlichkeits- und Datenschutz" schmallippig gezeigt hatte, teilte ein Sprecher schließlich mit, der Referatsleiter habe im Ministerium eine Teilzeitstelle und übe zusätzlich eine genehmigte Nebentätigkeit in der FDP-Zentrale aus.  Er trenne seine Tätigkeit im Ministerium strikt von seiner Nebentätigkeit in der Parteizentrale, darum bestehe kein Interessenskonflikt, habe der Sprecher laut Bild mitgeteilt. Und: Dem Mann wurde eine "Nebentätigkeit mit maximal acht Stunden pro Woche genehmigt. (...) Diese Vorgaben werden eingehalten." Auch in der Bundespressekonferenz am 3. Mai 2024 bestätigte der Sprecher des Ministeriums, Tim Alexandrin, die Nebentätigkeitsgenehmigung sei bis Oktober 2025 befristet und umfasse maximal acht Stunden pro Woche. 

Der Bild-Zeitung liegen offenbar andere Erkenntnisse vor. Ob tatsächlich acht Stunden wöchentlich genehmigt wurden und ob diese Begrenzung auch eingehalten wurde, muss das Ministerium nun mitteilen. Die 7. Kammer des VG Berlin hat am Montag einen Auskunftsanspruch des klagenden Journalisten bejaht (Beschluss vom 09.09.2024 - VG 7 L 189/24). Dieser folge aus § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes. Danach kann auch ein Dritter eine Auskunft aus der Personalakte eines Beamten ohne dessen Einwilligung verlangen, wenn die Auskunftserteilung für den Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen zwingend erforderlich ist.

Zusammenspiel von Ministeriums- und Parteitätigkeit von erheblichem öffentlichem Interesse

Diese Voraussetzungen hält das VG für gegeben. Die Interessenabwägung falle wegen des besonders hohen Informationsinteresses der Presse zugunsten des Journalisten aus. Der Schutz des Rechts des Referatshalbeiters auf informationelle Selbstbestimmung trete dahinter zurück, so die Kammer. Bei den Arbeitszeiten des betroffenen Beamten und dem Zusammenspiel von Ministeriums- und Parteitätigkeit handele es sich um ein Thema von erheblichem Interesse für die Allgemeinheit. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse, darüber informiert zu werden, inwiefern mit öffentlichen Geldern besoldete leitende Beamte in einem Ministerium ihre Tätigkeit dort auch wahrnähmen. Das falle zugunsten der Pressefreiheit maßgeblich ins Gewicht. 

Die Frage der Trennung von Regierungs- und Parteiarbeit steht laut VG Berlin im Blickfeld der Allgemeinheit. Der pausche Hinweis des Ministeriums, dass der Referatsleiter seine Dienstpflicht erfüllt habe, genüge nicht, um seiner umfassenden Auskunftsverpflichtung nachzukommen. Das Ministerium muss dem klagenden Antragsteller nun unter anderem beantworten, ob der Referatsleiter an drei Tagen im April eine Zeitkorrektur seines Arbeitszeitkontos beantragt hat.

Der Beamte kann gegen den Beschluss Beschwerde zum OVG Berlin-Brandenburg einlegen (Beschluss vom 09.09.2024 - VG 7 L 189/24).

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