Wiss. Mitarbeiterin Barbara Maria Hasenau, Bonn
16/2024
In einer Zeit, in der sich Hunde und Katzen immer mehr zu lebendigen lifestyle Accessoires entwickeln, verwundert es nicht, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes eine Effektivierung des Qualzuchtverbots anstrebt. Der Gesetzesentwurf aus der Feder des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wurde kürzlich dem Bundesrat zugeleitet (BR-Drs. 256/24). Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist noch in diesem Jahr geplant. Ausgangspunkt des Qualzuchtverbots ist dabei § 11b I TierSchG, der es schon heute verbietet, Tiere so zu züchten oder zu verändern, dass es zu zucht- oder veränderungsbedingten Schmerzen, Leiden oder Schäden bei der Folgegeneration kommt. Auf Grundlage dieses Paragrafens wurde in der Vergangenheit bereits die Zucht bestimmter Nackthunde und -katzen verboten. Überdies kann nicht nur fehlendes Fell, sondern auch eine Haarpracht im Mozartstil zu einem Zuchtverbot führen, wie sich an der Haubenente zeigt.
Der geplante § 11b Ia TierSchG-E ergänzt das Qualzuchtverbot nun durch eine nichtabschließende Liste an beispielhaften unzulässigen Symptomen. Genannt werden hier ua die Atemnot (Stichwort: Mops) und die Anomalien des Skelettsystems (Stichwort: Zwergspitz). An dieser geplanten Liste wird derzeit, ähnlich wie an den Sphinx-Katzen, kein gutes Haar gelassen. Vornehmlich wird dabei kritisiert, dass der Symptomkatalog zu unbestimmt sei. Tierzüchter sehen sich bereits um ihre Dackelzucht gebracht und fürchten ein generelles Verbot der Züchtung von Rassen, die Merkmale des Katalogs aufweisen. Diesbezüglich wird in der Gesetzesbegründung jedoch darauf verwiesen, dass das geltende Zuchtverbot durch den Katalog lediglich konkretisiert werde, ohne den Anwendungsbereich des § 11b I 1 TierSchG zu verändern. Ein pauschales Zuchtverbot von bestimmten Rassen sei damit nicht vorgesehen. Insofern bleibt die Beurteilung, ob eine Qualzucht vorliegt oder nicht, von dem jeweiligen Einzelfall abhängig. Der gemeine Mops, der explizit als „freiatmend“ deklariert wird und damit nicht, wie üblich, am Brachycephalen Syndrom leidet, muss damit keine Unfruchtbarmachung befürchten.
Für die zuständigen Behörden bedeutet dies, dass sie sich rassenunabhängig mit den jeweiligen Tieren befassen müssen. Der Symptomkatalog dient dabei lediglich als Indiz einer Qualzucht. Der Umstand, dass bestimmte, mit Schmerzen, Leiden und Schäden verbundene Merkmale bei einigen Rassen gewollt und typisch sind, bleibt demnach allerdings unberücksichtigt. Auch wird dies der insoweit ergangenen Rechtsprechung nicht gerecht, die bereits eine vom Einzelfall unabhängige rassenbezogenen Beurteilung etabliert hat. Nicht zuletzt führt der Katalog, der den Züchtern als Adressaten der Regelung als Hilfestellung dienen sollte, bei diesen eher zu Rechtsunsicherheit als zu Rechtsklarheit.
Insofern ist in Zukunft vermehrt mit Qualzuchtverfahren zu rechnen. Ob diese vor dem Hintergrund des neuen Katalogs eher zur Quälerei der Behörden und Gerichten als zur Effektivierung des Qualzuchtverbots führen, bleibt dabei abzuwarten.