Der Mann stammt aus dem Nordosten Syriens (Provinz Hasaka). Nachdem er 2014 nach Deutschland eingereist war, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes als Bürgerkriegsflüchtling ab, weil der Mann sich vor seiner Einreise an der Einschleusung von Menschen aus der Türkei nach Europa beteiligt hatte. Dafür war er in Österreich zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Nach der Ablehnung klagte der Mann und das VG Münster verpflichtete das BAMF, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Das BAMF legte daraufhin erfolgreich Berufung beim 14. Senat des OVG Münster ein (Urteil vom 16.07.2024 - 14 A 2847/19.A). Zur Begründung führte das Gericht aus, der Mann erfülle schon nicht die Voraussetzungen für den Flüchtlingsstatus, da in Syrien keine politische Verfolgung drohe.
Auch für den von dem Syrer hilfsweise begehrten subsidiären Schutz lägen die Voraussetzungen nicht vor, so das OVG weiter. Dafür sei eine "ernsthafte, individuelle Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit von Zivilpersonen infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts" erforderlich. Diese Bedrohung sei weder in der Provinz Hasaka noch in Syrien allgemein gegeben. Zwar fänden in der Provinz Hasaka noch Kämpfe zwischen der Türkei und verbündeten Milizen gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) statt, die Auseinandersetzungen erreichten "jedoch kein solches Niveau (mehr), dass Zivilpersonen beachtlich wahrscheinlich damit rechnen müssen, im Rahmen dieser Auseinandersetzungen und Anschläge getötet oder verletzt zu werden.".
Weiterhin führte das OVG zur Begründung aus, dass zwar auch der Islamische Staat in Hasaka "gelegentlich Anschläge auf Einrichtungen der kurdischen Selbstverwaltung" verübe. Eine wahrscheinliche Lebensgefahr für die Zivilbevölkerung bestünde jedoch dadurch ebenfalls nicht. Der Mann sei weiterhin wegen der von ihm begangenen Straftaten von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie dem subsidiären Schutz ausgeschlossen. Der 14. Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann der Syrer Beschwerde beim BVerwG einlegen.
Buschmann hält Entscheidung für nachvollziehbar
Am Dienstag reagierte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf die Entscheidung: Die Logik dahinter sei, dass man sich immer genau anschauen müsse, wer in welchen Teil Syriens abgeschoben werden könne, so der Minister zu möglichen Konsequenzen. Die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith, kritisierte: "Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entscheidet an der Realität in Syrien vorbei." Einschlägige Quellen wie der Lagebericht des Auswärtigen Amtes zeigten, dass es weiterhin "eine beachtliche Konfliktlage" gebe. Hinzu komme, dass praktisch niemand vor dem "Folterregime des Diktators Assad" sicher sei.
Buschmann sagte: "Man kann eben nicht mehr pauschal sagen, dass die Sicherheitslage im gesamten Land überall gleich ist, sondern es muss genau hingeschaut werden". Dies sei eine Entscheidung des Gerichts, "die man nachvollziehen kann, wenn man davon ausgeht, dass es mittlerweile auch in diesem Land Regionen gibt, die sehr gefährlich sind, aber auch andere Regionen gibt, wo nicht zwingend Gefahr für Leib und Leben besteht" (Urt. v. 16.7.2024 - 14 A 2847/19.A).