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Verfassungsschutz darf "Junge Welt" in seinen Berichten erwähnen

VG Berlin
Der Ver­fas­sungs­schutz darf die Zei­tung "Junge Welt" in sei­nen Be­rich­ten als "mar­xis­tisch-le­ni­nis­tisch" be­zeich­nen und das In­nen­mi­nis­te­ri­um darf dies wei­ter­hin ver­brei­ten. Das VG Ber­lin hat ent­schie­den, die Be­zeich­nung sei zu­tref­fend. Ge­schäfts­füh­rer Diet­mar Ko­schmie­der kün­digt Rechts­mit­tel an.

Aus Sicht des Gerichts gibt es keinen Anlass, dem Bundesinnenministerium eine weitere Verbreitung der Verfassungsschutzberichte zu untersagen, begründete der Vorsitzende Richter Wilfried Peters die Entscheidung der 1. Kammer (Urteil vom 18.07.2024 - VG 1 K 437/21). Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe die Öffentlichkeit über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu informieren, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorlägen.

Dies sei hier der Fall: Die Aussage in den Verfassungsschutzberichten, dass es sich bei der "Junge Welt" um eine Tageszeitung handle, die die Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nach klassischem marxistisch-leninistischen Verständnis anstrebe, lasse sich hinreichend belegen.

Seit 1998 hatte der Verfassungsschutz die Zeitung in mehreren Berichten in der Rubrik Linksextremismus genannt und dort als kommunistisch ausgerichtete Tageszeitung aufgeführt. Darin sah die Verlegerin einen nicht gerechtfertigten, erheblichen Eingriff in ihre Pressefreiheit, Berufsfreiheit und ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht: Leser würden durch die Erwähnung abgeschreckt, Gesprächspartner und Autoren seien schwerer zu gewinnen und Werbepartner zögen sich zurück. Sie klagte auf Richtigstellung.

Ohne Erfolg. Das Gericht war der Auffassung, dass die Einschätzung des Verfassungsschutzes zutreffend ist. Die "Junge Welt" nehme wiederholt positiv Bezug auf Lenin, etwa durch eine Fotomontage. Damit werde auch sein – nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbares – politisches Handeln positiv konnotiert. Außerdem sei die "Junge Welt" der ehemaligen DDR sehr verbunden, in der die marxistisch-leninistische Ideologie herrschend gewesen sei.

Parteimitgliedschaft der Redakteure herangezogen

In seiner Begründung hat sich das VG auch auf die Zugehörigkeit einzelner Redakteure und Autoren der Zeitung zur als linksextrem geltenden DKP bezogen. Insbesondere der Geschäftsführer Dietmar Koschmieder sei in der DKP aktiv. Zudem bekenne sich die "Junge Welt" nicht ausdrücklich zur Gewaltfreiheit. Früheren RAF-Terroristen biete das Blatt immer wieder eine Plattform.

Bezüglich der Verfassungsschutzberichte bis einschließlich 2016 sei die Klage zudem schon unzulässig, weil die Berichte auf den Webseiten des BMI oder des Bundesamts für Verfassungsschutz nicht abrufbar seien und es nur im Einzelfall gedruckte Exemplare gebe. Für diesen Zeitraum habe die Klägerin ihr Klagerecht durch Hinnahme der Berichterstattung verwirkt. Die Zeitung war bereits 2022 im Eilverfahren damit gescheitert, eine Verbreitung der Berichte zu stoppen.

Zeitung kündigt Rechtsmittel an

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Geschäftsführer Koschmieder kündigte nach der Urteilsverkündung an, vor das OVG Berlin-Brandenburg und – wenn nötig – vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

"Unsere Aufgabe bleibt, jeden Tag eine interessante, gutgemachte Zeitung zu machen, ein journalistisches Produkt zu machen", sagte er der dpa. Mit einem Sieg in erster Instanz habe man nicht gerechnet. Die "Junge Welt" hat nach eigenen Angaben eine tägliche Auflage von 21.000 verkauften Exemplaren (Urt. v. 18.7.2024 VG 1 K 437/21).

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