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Kirchenasyl: Keine faktische Duldung

VGH München
Ein Auf­ent­halt im of­fe­nen Kir­chen­asyl führt nicht zu einer fak­ti­schen Dul­dung eines Asyl­su­chen­den. Dies gilt laut VGH Mün­chen auch nicht dann, wenn der Staat das Kir­chen­asyl als Voll­stre­ckungs­hin­der­nis re­spek­tiert und eine be­reits an­ge­setz­te Ab­schie­bung stor­niert.

In dem Rechtsstreit ging es um eine Aufenthaltserlaubnis, für die ein Asylsuchender Prozesskostenhilfe haben wollte. Die einzuhaltende 5-Jahres-Frist für einen rechtmäßigen Aufenthalt nach § 104c AufenthG (Chancen-Aufenthaltsrecht) in Deutschland wurde allerdings durch einen siebenmonatigen Aufenthalt im Kirchenasyl unterbrochen (Juli 2017 bis Februar 2018). Aus diesem Grund scheiterte sein PKH-Antrag auch beim Verwaltungsgericht: Der Staat sei durch das offene Kirchenasyl weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen, so die Begründung. Der Mann war jedoch der Ansicht, dass er faktisch als geduldet angesehen werden müsse – gerade auch deshalb, weil der Staat das Kirchenasyl als Vollstreckungshindernis respektiere und, wie hier, eine bereits terminierte Abschiebung wegen des Kirchenasyls storniere. Seine Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Der VGH München bestätigte die Entscheidung des VG (Beschluss vom 05.06.2024 – 19 C 24.66). Die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG Abs. 1 Satz 1 AufenthG habe keine hinreichenden Erfolgsaussichten besessen. Die Tatsache, dass die Behörden das Kirchenasyl als Vollstreckungshindernis respektierten, führe nicht zu einer fiktiven oder faktischen Duldung des Aufenthalts.

Gesetz kennt keinen Zustand der faktischen Duldung

Zwar handelte es sich bei dem Asylsuchenden dem VGH zufolge – wie bereits vom VG richtig erkannt – zum Zeitpunkt der Bewilligungs- bzw. Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags am 18.12.2023 (noch) um einen "geduldeten Ausländer" nach § 104c AufenthG. "Es liegt jedoch eine relevante Unterbrechung des 5-Jahres-Zeitraums zwischen dem 20.7.2017 (Erlöschen der Aufenthaltsgestattung im Dublin-Verfahren) und Februar 2018 (Aufenthaltsgestattung während der Fortsetzung des Asylverfahrens im nationalen Verfahren) vor", so die Richterinnen und Richter weiter. Für diesen Zeitraum kenne das Gesetz keinen rechtlich Zustand der "faktischen Duldung", aus dem weitergehende Ansprüche (etwa wie hier auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) abgeleitet werden könnten. Auch die Systematik des Ausländergesetzes lasse grundsätzlich keinen Raum für einen ungeregelten Aufenthalt. Entweder müsse ein ausreisepflichtiger Ausländer abgeschoben werden oder zumindest eine Duldung erhalten.

Da hier die Abschiebung auch aktiv betrieben und ein EU-Laissez-passer für die Überstellung bereits am 30.06.2017 ausgestellt worden sei, könne zudem kein "Nichtbetreiben der Abschiebung" angenommen werden – auch nicht deshalb, weil der Staat das offene Kirchenasyl respektiere (Beschluss vom 05.06.2024 - 19 C 24.66).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

Kluth, Mehr Befugnisse für die Ausländerbehörden im Bereich der Rückführung, NVwZ 2024, 457

BVerwG, Zuständigkeitsübergang bei offenem Kirchenasyl im Dublin-Verfahren, BeckRS 2020, 16029

VGH München, Keine Verlängerung der Überstellungsfrist bei offenem Kirchenasyl, BeckRS 2018, 11877

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