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Schutz queerer Menschen: Beauftragter fordert Grundgesetzänderung

Redaktion beck-aktuell (dpa)
Heute vor 30 Jah­ren wurde die Straf­bar­keit von Ho­mo­se­xua­li­tät end­gül­tig auf­ge­ho­ben. Zum Jah­res­tag mahnt Sven Leh­mann, der Queer-Be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung, einen stär­ke­ren Dis­kri­mi­nie­rungs­schutz in der Ver­fas­sung zu ver­an­kern.

Der Grünen-Politiker warb dafür, die Gruppe queerer Menschen noch stärker als bislang vor Diskriminierung zu schützen. "Queere Menschen sind die letzte von den Nazis verfolgte Gruppe, die noch keinen expliziten Schutzstatus im Grundgesetz haben", sagte er gegenüber der dpa.

Vor 30 Jahren, am 11. Juni 1994, sei § 175 StGB endgültig aufgehoben worden, betonte der Queer-Beauftragte. Er sei ein "dunkles Kapitel deutscher Geschichte", das Leben zerstört habe. Der 1871 eingeführte Paragraf hatte die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern jahrzehntelang unter Strafe gestellt. Im Jahr 1969 war die Strafbarkeit homosexueller Handlungen zwar bereits gelockert worden - die vollständige Aufhebung kam aber erst 1994. Seitdem gelten für homo- und heterosexuelle Handlungen in Deutschland gleiche Schutzaltersgrenzen.

Dass die Vorschrift so lange bestehen konnte, zeigt aus Sicht von Lehmann, dass das Grundgesetz in seiner jetzigen Form "staatliche Menschenrechtsverbrechen" an queeren Menschen nicht verhindern konnte. Deshalb gebe es hier dringenden Nachschärfungsbedarf.

Nicht ohne die Union

Art. 3 GG verbiete zwar die Diskriminierung aufgrund von Merkmalen wie etwa Geschlecht, Herkunft oder Glaube. Was aber bislang fehle, sei das Merkmal der sexuellen Identität. "Ein ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Schutz ist wichtig, auch damit bestimmte Errungenschaften wie die Ehe für alle nicht wieder zurückgedreht werden können." Auch angesichts zunehmender Angriffe durch Rechtsextreme und religiöse Fundamentalisten brauche es einen besseren verfassungsrechtlichen Schutz, erklärte Lehmann.

Die Verankerung von sexueller Identität als Diskriminierungsmerkmal im Grundgesetz steht auch als Vorhaben im Koalitionsvertrag. Die Umsetzung wird indes nicht einfach: Für eine Grundgesetzänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, mithin auch die Zustimmung der Union.

Lehmann begrüßte in diesem Zusammenhang Unterstützungssignale aus CDU-geführten Landesregierungen. Die Regierung von Kai Wegner in Berlin habe beispielsweise eine Bundesratsinitiative zur Ergänzung von Artikel 3 angekündigt, sagte Lehmann. Positive Signale kämen auch aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Lehmann appellierte auch an den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und die Unionsfraktion im Bundestag, sich hinter das Vorhaben zu stellen.

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

Bundesrat befürwortet Rehabilitierung wegen Homosexualität Verurteilter, Fachdienst Strafrecht 2012, 338379

Schroeder, Das 29. Strafrechtsänderungsgesetz §§ 175182 StGB, NJW 1994, 1501

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