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BAföG: Experten fordern Erhöhung

Bundestag
Die Bun­des­re­gie­rung plant Än­de­run­gen beim BAföG. Hier etwas län­ge­re För­de­rung, dort etwas mehr Fle­xi­bi­li­tät – doch beim Grund­be­trag soll alles beim Alten blei­ben. Dies haben Ex­per­ten jetzt kri­ti­siert und exis­tenz­si­chern­de Be­darfs­sät­ze ge­for­dert.

Mit dem BAföGÄndG will die Bundesregierung die BAföG-Förderung "stärker an tatsächliche Studienverläufe" anpassen. Beispielsweise sollen BAföG-Beziehende zukünftig ein Semester über die Regelstudienzeit hinaus gefördert werden oder leichter die Fachrichtung wechseln können, so die Reformpläne. Zu dem Gesetzentwurf Stellung nahmen die Experten am Mittwoch in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

Sonja Bolenius vom Deutschen Gewerkschaftsbund – Bundesvorstand, die auf Vorschlag der SPD-Fraktion geladen war, merkte an, die letzte Erhöhung des Grundbedarfs liege bereits zwei Jahre zurück. Daher sei sie erstaunt, dass keine Anpassung der Bedarfssätze geplant sei. Bereits jetzt liege der BAföG-Höchstsatz deutlich unter dem Existenzminimum. Den Anspruch, Bildung unabhängig vom Geldbeutel der Eltern zu ermöglichen, könne das BAföG damit nicht einlösen.

Auch Bernhard Börsel vom Deutschen Studierendenwerk plädierte für eine Erhöhung der Bedarfssätze auf ein existenzsicherndes Minimum sowie eine Dynamisierung von Freibeträgen, Bedarfssätzen und Krankenversicherungszuschlägen. Auch müssten die BAföG-Freibeträge zukünftig wieder Familien mit mittleren Einkommen erreichen. Laut Börsel legt der BAföG-Bericht genau offen, wie hoch die Bedarfssätze und Freibeträge sein müssten, damit Studierende davon leben können. Daher gebe es kein Informations-, sondern ein Umsetzungsdefizit.

Abschreckende nicht gedeckelte Schulden

Wolf Dermann von der gemeinnützigen GmbH "Arbeiterkind.de" (eingeladen auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass die Schulden für BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger zukünftig nicht mehr auf einen festen Betrag gedeckelt seien. Eine solche Unsicherheit schrecke Studierende immens ab. Dadurch werde die Zahl derjenigen, die BAföG beantragen, sinken. Dermann warb zudem für eine rechtzeitige Auszahlung des BAföG – das sei immer häufiger ein Problem. In einigen Behörden liege die Bearbeitungszeit für einen BAföG-Antrag bei acht Monaten.

Auch Niklas Röpke vom überparteilichen Dachverband der Studierendenvertretungen "Freier Zusammenschluss von Student*innen-schaften" – auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion geladen – warnte, ein hoher Schuldenberg am Ende des Studiums schrecke junge Menschen ab. Das BAföG müsse sich an die Höhe des Bürgergeldes anpassen, denn das sei das politisch festgesetzte Existenzminimum.

Chancengerechte Bildung in Gefahr?

Ähnlich äußerte sich Greta Schabram vom Paritätischen Gesamtverband (ebenfalls eingeladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion). Sie kritisierte, dass das BAföG mit einem Grundbedarf von 452 Euro nicht mehr existenzsichernd sei. Auch die Wohnkostenpauschale entspreche in keiner Weise dem, was Studierende für ein WG-Zimmer oder eine kleine Wohnung benötigten. Schabram machte darauf aufmerksam, dass vier von fünf aller alleinlebenden oder in einer WG-lebenden Studierenden von Armut betroffen seien und forderte daher eine strukturelle Reform der Förderung. Diese müsse die zentralen Elemente des BAföG, also insbesondere den Grundbedarf, tangieren.

Mit einer Förderquote von 12% nehme das BAföG schon lange nicht mehr die zentrale Rolle bei der Herstellung chancengerechter Bildung ein, sagte Ulrike Tippe von der Hochschulrektorenkonferenz (eingeladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion). Zwar äußerte sie sich positiv bezüglich der geplanten Einführung eines Flexibilitätssemesters, merkte jedoch an, dass zwei zusätzliche Semester eher der Lebensrealität der Studierenden entsprächen. Auch kritisierte Tippe, dass die Beantragung der geplanten Studienstarthilfe mit einer aufwendigen Nachweispflicht verbunden sei.

Stephan Thomsen von der Leibniz Universität Hannover (eingeladen auf Vorschlag der FDP-Fraktion) sagte zwar, dass der monatliche BAföG-Satz unterhalb der studentischen Ausgaben liege, dennoch sprach sich der Sachverständige dagegen aus, die Leistungen des BAföG einfach zu erhöhen. Vielmehr müsse eine entsprechende Bedarfsprüfung vorgenommen werden. Thomsen forderte daher eine umfassende "Wirksamkeitsevalution", die untersuchen solle, ob das BAföG dazu beitrage, Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit herzustellen. Eine fundierte Evaluation sei notwendig, da es sich beim BAföG um eine Steuerleistung handle.

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

Winkler, NZS-Jahresrevue 2022: Ausbildungsförderung nach dem BAföG, NZS 2023, 885

Rudnik, Sind die Bedarfssätze des BAföG für Hochschulstudierende verfassungswidrig?, NZS 2023, 727

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