Der Rückzug des AfD-Spitzenkandidats Maximilian Krah aus dem Parteivorstand wirft Fragen zu seiner Kandidatur in Europa auf. Ein Rücktritt oder gar Ausschluss von der Wahl gestaltet sich rechtlich jedoch schwierig.
Der Rückzug Maximilians Krahs (AfD) aus dem Bundesvorstand hat zunächst keine Auswirkung auf seine Kandidatur in Europa. Unliebsame Kandidaten nachträglich von der Wahlliste zu streichen, ginge nur in Ausnahmefällen, heißt es aus dem Büro der Bundeswahlleiterin auf Anfrage der dpa.
Am Morgen war bekannt geworden, dass sich der AfD-Spitzenkandidat rund zwei Wochen vor den Europawahlen aus dem Bundesvorstand der Partei zurückzieht. Er werde zudem keine öffentlichen Auftritte mehr wahrnehmen. Hintergrund waren verharmlosende Aussagen Krahs zur nationalsozialistischen SS sowie laufende Ermittlungen wegen Spionage gegen Krahs Mitarbeiter Jian G. Auch die Nummer zwei auf der Liste, Petr Bystron, soll wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nach dem Willen der Parteispitze nicht mehr auftreten.
Spitzenkandidat bleibt Krah zunächst trotzdem. Hat eine Partei die Wahlliste zum Ablauf der Einreichungsfrist eingereicht, ist eine Änderung ausgeschlossen. Diese Regel findet sich im § 12 Abs. 1 EuWG.
Europawahlgesetz: Ausnahmen im Einzelfall
Das EuWG sieht nur eng umgrenzte Ausnahmen vor: Wenn ein Kandidat mit deutscher Staatsbürgerschaft stirbt oder nicht mehr wählbar ist, darf die Liste geändert werden. "Der Verlust der Wählbarkeit tritt automatisch ein, wenn jemand infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt", erklärte Susanne Hillen von der Pressestelle der Bundeswahlleiterin. Das wäre etwa der Fall, wenn der Kandidat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt würde.
"Darüber hinaus kann das passive Wahlrecht im Einzelfall durch richterliche Entscheidung für die Dauer von zwei bis fünf Jahren in den gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen ausdrücklich aberkannt werden", sagte Hillen. Dazu gehören Straftaten wie Hochverrat, Landesverrat, Angriffe gegen ausländische Vertreter und Wahlfälschung.
Freiwilliger Rücktritt ausgeschlossen
Auch ein Rücktritt Krahs von seiner Kandidatur gestaltet sich rechtlich schwierig. Zugelassene Bewerber können nach dem EuWG nicht mehr von ihrer Kandidatur zurücktreten. Die Zulassung der Kandidaten findet im Bundeswahlausschuss statt, gleich danach beginnt der Druck der Stimmzettel. Diese könnten dann auch aus rein praktischen Gründen auch nicht mehr geändert werden, so Hillen.
Krahs Kandidatur ist derzeit rechtlich kaum umkehrbar, allerdings könnte er auf sein Mandat verzichten. Genau das forderte auch bereits CSU-Generalsekretär Martin Huber: Krah müsse seinen Sitz im Europaparlament aufgeben. Ähnlich äußerte sich der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Grünen-Chef Omid Nouripour nannte es ein fadenscheiniges Manöver, den Kandidaten bis zum Wahltag zu verstecken. Krah selbst reagierte auf eine Anfrage zum Mandatsverzicht zunächst nicht.
Aktuell stellt die AfD im Europaparlament neun Abgeordnete. Üblicherweise entspricht bei Europawahlen in Deutschland rund ein Prozentpunkt der Stimmen einem Abgeordnetenmandat. Laut einer Europawahlumfrage der Forschungsgruppe Wahlen vom 17. Mai kommt die AfD bei der Wahl nach derzeitigem Stand voraussichtlich auf 15 Prozent der Stimmen. Krah und Bystron wären als Erst- und Zweitplatzierte auf der AfD-Liste somit Sitze im EU-Parlament sicher.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Schroeder, Wahlrechtsgrundsätze für Wahlen zum Europäischen Parlament, EuR 2023, 517