Das zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Ländern geplante Freihandelsabkommen verstößt laut Greenpeace gegen das EU-Klimagesetz und das Pariser Klimaabkommen. Die Umweltorganisation beruft sich auf ein Rechtsgutachten, das dem Vertrag attestiert zu mehr Treibhausgasausstoß zu führen.
Das Plus an Treibhausgasen entsteht demnach, weil durch das Abkommen wegen intensiveren Handels mehr Schiffe und Flugzeuge unterwegs wären und beide Seiten mehr Waren produzieren würden. Das von Greenpeace in Auftrag gegebene und von Roda Verheyen und Gerd Winter verfasste Gutachten prognostiziert, dass Südamerika etwa vermehrt landwirtschaftliche Produkte wie Soja, verarbeitetes Fleisch, Fisch und Zucker exportieren würde, während aus der EU mehr Industriegüter wie Autos ausgeführt werden könnten. Das könnte Klimaziele "ernsthaft gefährden", so Greenpeace.
Verheyen ist Rechtsanwältin und Richterin am Hamburgischen Verfassungsgericht. Winter lehrt an der Universität Bremen unter anderem europäisches und internationales Umweltrecht.
Die EU hat sich in ihrem Klimagesetz unter anderem dazu verpflichtet, Emissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Das Pariser Klimaabkommen sieht daneben vor, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, möglichst sogar auf 1,5 Grad. Alle EU-Länder haben das Übereinkommen ratifiziert. Die EU und Mercosur-Staaten müssten daher laut Gutachten mit Blick auf ihr Abkommen "erhebliche Neuverhandlungen durchführen, um Rechtsverstöße aus dem aktuellen Text zu entfernen".
Abkommen auch aus anderen Gründen umstritten
Mit dem Abkommen, das seit mehr als 20 Jahren verhandelt wird, würde eine der größten Freihandelszonen der Welt mit mehr als 700 Millionen Einwohnern entstehen. Es soll vor allem Zölle abbauen und damit den Handel ankurbeln. Obwohl das Abkommen 2019 fertig ausgehandelte wurde, liegt es derzeit auf Eis. Der Vertrag ist sowohl in Südamerika als auch in Europa umstritten. Einige Länder wollen ihre Märkte schützen, andere fürchten die Aufweichung von Arbeits- oder Umweltstandards.
Die Europäische Kommission hatte kürzlich erklärt, dass sie die Verhandlungen so schnell wie möglich fortsetzen möchte, um einen Abschluss zu erreichen. "Im Jahr 2024 wäre es für die EU nicht nur moralisch verantwortungslos, ein Abkommen zu unterzeichnen, das für massive Mengen an CO2 und die Zerstörung ganzer Ökosysteme verantwortlich ist, es wäre auch illegal", sagte die Handelsexpertin von Greenpeace, Lis Cunha. Dem Gutachten zufolge könnte das Abkommen vor dem EuGH angefochten werden.
Aus der Datenbank beck-online
Stoll/Krüger/Xu, Freihandelsabkommen und ihre Umweltschutzregelungen, ZUR 2014, 387