Innenministerin Nancy Faeser (SPD) legt bei den Anstrengungen im Kampf gegen Rechtsextremismus nach: In einem Papier mit dem Titel "Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen - Instrumente der wehrhaften Demokratie nutzen" hat sie weitere Maßnahmen angekündigt, die die Justiz und die wehrhafte Demokratie resilienter machen sollen.
Das Papier mit bereits bekannten und teils auch schon beschlossen Maßnahmen wurde am Dienstag in Berlin gemeinsam mit den Chefs des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, und des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, vorgestellt.
In dem Papier wird noch einmal betont, dass Rechtsextremisten das Vertrauen in die Stabilität und Handlungsfähigkeit des Staates untergraben wollten. Dieses Ziel teilten sie mit einigen ausländischen Akteuren, die ebenfalls ein Interesse daran hätten, die Demokratie zu schwächen. "So erzeugen autokratische Staaten im Internet mit Fake Accounts künstliche Reichweite, erfinden mit KI-basierten Bildern Geschichten und gaukeln mit kopierten Zeitungswebsites Glaubwürdigkeit vor." Mit solchen koordinierten Einflusskampagnen werde versucht, die freie Meinungsbildung und die politische Debatte zu manipulieren und die Demokratie zu schwächen. Eine neue "Früherkennungseinheit" soll solche Kampagnen bereits im Vorfeld erkennen.
Resilientere Justiz, mehr Datenübermittlung
In dem Papier spricht sich das Innenministerium auch für eine Änderung des Grundgesetzes aus, um das Bundesverfassungsgericht besser vor der Einflussnahme von Demokratiefeinden zu schütze. Es sei notwendig, die Unabhängigkeit des BVerfG stärker gegen die Einflussnahme demokratiefeindlicher Kräfte abzusichern. Dazu biete sich an, die zentralen Regelungen zu Organisation und Verfahren des BVerfG in das Grundgesetz aufzunehmen, heißt es in dem Papier.
Das Innenministerium will außerdem "demokratische und rechtsstaatliche Kräfte auf allen Ebenen bündeln", um bereits im Vorfeld extremistische Umtriebe effektiv eindämmen zu können. Hierzu strebt es offenbar vor allem mehr Datenübermittlungsbefugnisse und eine bessere behördliche Vernetzung an, die bis in die kommunale Ebene reichen soll.
"Rechtsstaatliche Kräfte auf allen Ebenen bündeln"
Rechtsextremen Kreisen will man dem Papier zufolge die Handlungsfähigkeit nehmen, indem ihre Finanzquellen ausgetrocknet werden sollen. Um erfolgreiche Finanzermittlungen gegen die ganze Bandbreite rechtsextremistischer Verbindungen zu ermöglichen, sollen die gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit des BfV gestärkt und die Verfahren entbürokratisiert werden. Dies soll 2024 mit dem Gesetzentwurf zum zweiten Teil der Reform des Nachrichtendienstrechts umgesetzt werden. Ferner ist beabsichtigt, Ein- und Ausreisen von Rechtsextremisten so weit wie möglich zu verhindern.
Mit dem Maßnahmenkatalog mahnte Faeser auch Fortschritte bei der stockenden Reform des Waffenrechts an. Lokale Polizei- und Ordnungsbehörden wie die Gewerbe- und Gaststättenaufsicht sollen zudem - basierend auf Informationen des Verfassungsschutzes - rechtsextremistische Veranstaltungen möglichst untersagen.
Die neuen Vorhaben fußen auf dem "Aktionsplan gegen Rechtsextremismus", den Faeser im März 2022 vorgestellt hatte. Ein Teil von ihnen ist in dem Vorgängerpapier bereits enthalten, etwa die Pläne zur Verschärfung des Waffenrechts. Es sei notwendig, "den eingeschlagenen Kurs mit Hochdruck weiterzuverfolgen und zugleich auf neue Entwicklungen zu reagieren", heißt es in dem jetzt vorgestellten Maßnahmenkatalog. "Es braucht zusätzliche Maßnahmen und Möglichkeiten, um die Gefahr des Rechtsextremismus bei der Wurzel zu packen."
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Gärditz, Resilienz des Rechtsstaates, NJW 2024, 407
Mafi-Gudarzi, Desinformation: Herausforderung für die wehrhafte Demokratie, ZRP 2019, 65
Voßkuhle, Extremismus im Öffentlichen Dienst – Was tun?, NVwZ 2022, 1841