Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am Freitag das Wärmeplanungs- und das Klimaanpassungsgesetz gebilligt. Auch ein bundesweites Verkaufsverbot für Himmelslaternen bestätigte er. In einer Entschließung fordern die Länder eine Widerspruchslösung bei Organspende. Gewählt wurde außerdem ein neuer Verfassungsrichter.
Einstimmig bestimmte die Länderkammer Holger Wöckel zum Nachfolger von Sibylle Kessal-Wulf, die aus dem Amt scheidet. Wöckel ist seit Februar 2021 Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort gehörte er dem 7. und 10. Revisionssenat an, die insbesondere für das Umweltschutzrecht und das Informationsfreiheitsrecht zuständig sind. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Die Richterwahl erfordert mindestens eine Zweidrittelmehrheit.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am Freitag außerdem das Gesetz zur Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze gebilligt, das der Bundestag bereits Mitte November beschlossen hatte. Es ergänzt das Heizungsgesetz und tritt zeitgleich mit diesem Anfang 2024 in Kraft. Das Gesetz verpflichtet die Länder, für Großstädte bis Ende Juni 2026 und für kleinere Städte und Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern bis Ende Juni 2028 Wärmepläne zu erstellen. Für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern gebe es vereinfachte Verfahren.
Das Neuregelung soll zudem die energetische Nutzung von Biomasse im baurechtlichen Außenbereich erleichtern. Die entsprechende Privilegierung im Baugesetzbuch für Biomasseanlagen ist bis Ende 2028 befristet. Weitere Änderungen sollen der Beschleunigung von Bebauungsplänen im Außenbereich dienen.
In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat auf offene Finanzierungsfragen hin – gerade auch vor dem Hintergrund des aktuellen Haushaltsurteils des BVerfG. Der Bundesrat bemängelte zudem, dass der Bundestag zahlreiche Anregungen der Länder aus deren Stellungnahme im ersten Durchgang nicht oder nur unzureichend übernommen habe.
Länderkammer stimmt für Gesetz zur besseren Klimaanpassung
Die Länderkammer hat am Freitag zudem einem Gesetz zur besseren Klimaanpassung zugestimmt. Die Pläne der Ampel-Koalition sehen vor, Bund, Ländern und Kommunen verbindliche Strategien und Maßnahmen vorzuschreiben. Damit werde erstmals ein strategischer Rahmen für eine vorsorgende Klimaanpassung auf allen Verwaltungsebenen in Deutschland geschaffen, heißt es in dem Gesetzentwurf. Konkret verpflichtet sich die Bundesregierung, eine Anpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorzulegen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte das Gesetz als "wichtig, um das Land vor den Folgen des Klimawandels wie Starkregen, Dürren oder Niedrigwasser besser zu schützen". Offen bleibe jedoch weiterhin, wie diese Mammutaufgabe flächendeckend finanziert werden soll, sagte Vizepräsident Karsten Specht.
Selbstständige berufliche Betreuer sowie Betreuungsvereine können in den Jahren 2024 und 2025 eine monatliche Sonderzahlung zum Inflationsausgleich geltend machen: Der Bundesrat stimmte am Freitag einem entsprechenden Bundestagsbeschluss zu. Die geplante Sonderzahlung beträgt 7,50 Euro pro Betreuungsfall und Monat und soll von der betreuten Person gezahlt werden. Wenn diese mittellos ist, soll die Staatskasse einspringen. Ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuern können eine Sonderzahlung zum Ausgleich inflationsbedingter Mehrkosten in Höhe von 24 Euro pro Jahr verlangen. Die Sonderzahlung soll erstmal auf zwei Jahre begrenzt werden, um das Ergebnis einer Evaluierung des gesamten Vergütungssystems abzuwarten.
Georgien und die Republik Moldau gelten künftig asylrechtlich als sichere Herkunftsstaaten. Dies hat der Bundesrat am Freitag bestätigt. Bei Staaten, die als sicher bestimmt werden, gilt die gesetzliche Vermutung, dass dort generell keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und dass der jeweilige Staat grundsätzlich vor nichtstaatlicher Verfolgung schützen kann.
Künftig ist es bundesweit verboten, sogenannte Himmelslaternen zu verkaufen: Der Bundesrat stimmte am Freitag einem entsprechenden Verordnungsentwurf der Bundesregierung zu. Nach derzeitiger Rechtslage ist zwar die Verwendung von Himmels- oder Wunschlaternen beziehungsweise Glücksballonen verboten, der Verkauf jedoch nicht. Insbesondere im Onlinehandel fehle es an ausreichenden Hinweisen auf das Nutzungsverbot. Verbraucherinnen und Verbraucher gingen häufig davon aus, dass bei legalem Erwerb auch die Verwendung zulässig sei.
Bundesrat fordert Widerspruchslösung für Organspenden
Der Bundesrat fordert angesichts der seit Jahren niedrigen Zahlen von Organspenden, im Transplantationsgesetz eine Widerspruchslösung einzuführen. Bei einer Widerspruchslösung ist grundsätzlich jede Person Organspenderin beziehungsweise -spender, es sei denn, diese oder – nach ihrem Tod – Ersatzpersonen, wie etwa die nächsten Angehörigen, widersprechen der Organentnahme. Die Einführung einer Widerspruchslösung würde markante Verbesserungen der Organspendesituation erzielen, argumentiert der Bundesrat. Die Organspende wäre dann der grundsätzliche Normalfall, die Situation für Angehörige klarer. Praktisch alle europäischen Länder mit hohem Spendeaufkommen hätten als Grundlage die Widerspruchslösung eingeführt. Wie der Bundesrat mitteilte, wurde die auf Initiative von acht Ländern gefasste Entschließung der Bundesregierung zugeleitet.
Unmittelbar nach dem Bundestag hat der Bundesrat in seiner Sitzung am Freitag außerdem das Gesetz zum Nachtragshaushalt 2023 gebilligt, ebenso die beiden flankierenden Haushaltsfinanzierungsgesetze für 2023 und 2024. Die Länderchefs haben die Gesetze zur elektronischen Aufzeichnung von Hauptverhandlungen und zu erweiterten Möglichkeiten für Videoverhandlungen in Zivilprozessen dagegen in den Vermittlungsausschuss verwiesen.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Flick, Alle Jahre wieder – Erneuter Anlauf für die Einführung einer Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz?, MedR 2023, 287