Umziehen bräuchte er vermutlich nicht: Die Union hat dem Vernehmen nach Generalbundesanwalt Peter Frank als neuen Verfassungsrichter am BVerfG vorgeschlagen. Noch ist das letzte Wort aber nicht gesprochen. Die SPD-geführten Bundesländer beraten noch über die Personalie.
Der Bundesrat müsste den Kandidaten mit einer Zweidrittelmehrheit bestätigen. Am morgigen Freitag ist die nächste Sitzung, danach tagt die Länderkammer erst wieder Mitte Dezember.
Die CSU hat wegen einer geltenden Absprache zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien das Vorschlagsrecht. Zuvor war lange der frühere bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) gehandelt worden. Gegen ihn sprach dem Vernehmen nach unter anderem eine mögliche Befangenheit wegen dessen CSU-Parteibuch im anstehenden Klageverfahren gegen das Bundestagswahlrecht am Verfassungsgericht.
Frank ist seit dem 05.10.2015 Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof und somit Chef der Bundesanwaltschaft. Er war mit 47 Jahren bei Amtsantritt der jüngste Generalbundesanwalt. Die Karlsruher Behörde mit rund 300 Mitarbeitenden untersteht als Staatsanwaltschaft des Bundes dem Bundesjustizministerium. Sie ist für herausragende Verfahren in Bereichen wie Terrorismus, Spionage und Völkerstrafrecht zuständig.
Fokus auf Kampf gegen Terrorismus
Öffentliche Statements von Frank sind rar gesät. Hin und wieder gibt der Chefankläger Interviews. Er arbeitete an einer besseren Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden. Eklats: Fehlanzeige.
Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist der Kampf gegen Terrorismus. Zuletzt war die Zahl der Ermittlungsverfahren hierzu deutlich gestiegen. Zwischen Anfang Januar und Ende September wurden allein 356 Ermittlungsverfahren mit Bezug zum islamistischen Terrorismus eingeleitet, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht.
Immer größere Bedeutung bekommt zudem die "Reichsbürger"-Szene. So hatte Frank vor gut einem Jahr angekündigt, mehr Fälle aus diesem Spektrum übernehmen zu wollen. Die Razzia am Donnerstag lag aber in der Zuständigkeit der Generalstaatsanwaltschaft München.
Erfahren, belastbar und umgänglich
Der im baden-württembergischen Lauda (heute: Lauda-Königshofen) geborene Frank hatte seinerzeit Harald Range abgelöst, den Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wegen erheblicher Differenzen im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Landesverrats gegen die Blogger von "Netzpolitik.org" entlassen hatte. Frank sei nicht nur ein exzellenter Jurist, sondern auch ein engagierter Beamter mit Sensibilität und Führungsstärke, sagte Maas damals.
Frank gilt als erfahren, belastbar, umgänglich und locker. Es war ausgerechnet Bausback, der einst als damaliger bayerischer Justizminister Franks juristischen Sachverstand, Führungskompetenz, Begabung im Umgang mit Menschen und politisches Gespür lobte.
In Würzburg und München hatte Frank Rechtswissenschaften studiert, beide juristischen Staatsexamen mit Bestnoten abgelegt und zum Strafrechtsverfahren promoviert ("summa cum laude"). Danach arbeitete er als Staatsanwalt in München und später für das bayerische Justizministerium. Zeitweise war Frank an die Vertretung des Freistaates beim Bund abgeordnet. Zwischenstationen führten ihn als Richter an das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München. Im März 2015 – nur wenige Monate vor dem Umzug nach Karlsruhe – wurde Frank Generalstaatsanwalt in München. Eine Bilderbuchkarriere.
Nun also womöglich der Wechsel ans höchste deutsche Gericht – gut anderthalb Kilometer Luftlinie entfernt. Frank würde dort dem früheren saarländischen CDU-Ministerpräsidenten Müller folgen, der im Zweiten Senat unter anderem für Wahl- und Parteienrecht zuständig ist. Die Amtszeit des 68-Jährigen war im September abgelaufen. Bis die Nachfolge geregelt ist, arbeitet er weiter. Zuletzt zu sehen war er in seiner Funktion jüngst bei der Verkündung des Haushaltsurteils.
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Aus der Datenbank beck-online
Netzpolitik.org-Affäre: Generalbundesanwalt muss Posten räumen, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 05.08.2015, becklink 2000772