Der Friedensnobelpreisträger und frühere polnische Präsident Lech Walesa hat einen Sieg gegen die Justiz in seinem Heimatland errungen. Die "Behörde für außerordentliche Revisionen" missbrauchte laut EGMR ein Verfahren gegen Walesa, um ihre eigenen politischen Ansichten und Motive zu fördern.
Dadurch sei Walesas Recht auf ein faires Verfahren und auf Achtung des Privatlebens verletzt worden, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Urteil vom 23.11.2023 – 50849/21).
Hintergrund ist eine Zivilklage Walesas gegen einen ehemaligen Freund und Mitarbeiter, der ihn öffentlich der Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten des früheren kommunistischen Regimes beschuldigt hatte. Obwohl er den Prozess in Polen gewonnen hatte, hob die Kammer für außerordentliche Revisionen in Warschau das Urteil wieder auf. Diese sei aber kein unabhängiges und unparteiisches Gericht, so das Gericht.
Polen muss 30.000 Euro Entschädigung zahlen
Walesas gilt als scharfer Kritiker der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die Polen seit 2015 regiert hatte. Ende 2018 hatte er die EU aufgefordert, seine Heimat vor umstrittenen Gesetzen der nationalkonservativen Warschauer Regierung zu schützen. Bei der Parlamentswahl am 15.10.2023 errang nun ein proeuropäisches Dreierbündnis der bisherigen Opposition die Mehrheit. Die neue Regierung ist aber noch nicht im Amt, da Präsident Andrzej Duda den Machtwechsel hinauszögert.
Der Fall Walesas könne nicht von dem langanhaltenden Konflikt mit der PiS-Partei getrennt werden, so die Richter. Polen muss nun 30.000 Euro Entschädigung zahlen und angemessene Maßnahmen für Rechtssicherheit ergreifen.
Der gelernte Elektriker Walesa war von 1980 bis 1990 Vorsitzender der Gewerkschaft Solidarnosc und als Arbeiterführer maßgeblich an der Überwindung des kommunistischen Regimes in Polen beteiligt. Von 1990 bis 1995 war er Präsident seines Landes (Urt. v. 23.11.2023 - 50849/21).