Der Kommentar "#DubistEinMann" unter dem Beitrag einer Transfrau auf der Plattform "X" ist eine zulässige Meinungsäußerung. Das OLG Frankfurt am Main stellte insbesondere auf die Hashtag-Schreibweise ab. Die Aussage sei nicht als direkte persönliche Ansprache der Transfrau zu verstehen.
Eine Journalistin, die als Transfrau in sozialen Medien aktiv ist, hatte auf der Plattform "X" (früher Twitter) dazu aufgerufen, den Deutschen Frauenrat gegen negative Kommentare von "#TERF #TERFs" ("Trans-Exclusionary Radical Feminism", "Trans-ausschließender Radikalfeminismus") zu unterstützen. Diesen Beitrag kommentiere eine Nutzerin mit lachenden Smileys und den Worten "times changed! #DubistEinMann". Das wollte die Transfrau so nicht stehen lassen und klagte im Eilverfahren auf Unterlassung.
Das Landgericht Frankfurt am Main wies den Antrag jedoch zurück. Ob eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliege, hänge vom Gesamtkontext der Äußerung ab, so das LG. Der Kommentar "#DubistEinMann" sei jedenfalls als zulässige Meinungsäußerung zu werten.
Diese Einschätzung teilte nunmehr auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Hinweisbeschluss (Hinweisbeschluss vom 26.9.2023 - Az. 16 U 95/23). Die Nutzerin habe mit ihrem Post auf den Aufruf der Transfrau und den dort verlinkten Beitrag des Deutschen Frauenrates zum Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes antworten und ihre ablehnende Meinung zum Ausdruck bringen wollen. Der "eigentliche Kommentar" sei nicht der Hashtag "#DubistEinMann", sondern die Aussage "times changed!". Damit habe die Frau zum Ausdruck bringen wollen, "dass das Thema an gesellschaftspolitischer Bedeutung verloren und die Einstellung hierzu sich geändert habe." Weiter führt das OLG aus, dass das Smiley-Emoji "die Witzigkeit unterstreichen" sollte.
Auch keine Schmähkritik
Der Zusatz "#DubistEinMann" sei aufgrund seiner Hashtag-Schreibweise nicht als direkte persönliche Ansprache der Journalistin, sondern als verallgemeinernde, an jede Transfrau gerichtete Aussage gedacht. Der Begriff "Mann" korreliere erkennbar mit dem Akronym "TERF". Da sich der Äußerung nicht entnehmen lasse, dass die Nutzerin die Journalistin losgelöst vom Inhalt ihres Posts und abseits der Sachdebatte als Person herabwürdigen und diffamieren wollte, sei der Post auch nicht als unzulässige Schmähkritik zu werten.
Im Ergebnis müsse der Schutz des Persönlichkeitsrechts der Transfrau hinter dem Recht der X-Nutzerin auf Meinungsäußerungsfreiheit zurücktreten. Dabei berücksichtigten die Richterinnen und Richter auch, dass sich die Aktivistin wiederholt selbst aktiv in die Öffentlichkeit begeben und das Selbstbestimmungsrecht und ihr eigenes Geschlecht zum Gegenstand eines gesellschaftlichen Diskurses gemacht habe (Beschl. v. 26.09.2023 - 16 U 95/23).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Hallweger/Thümmler, Die Beleidigungsstrafbarkeit des sogenannten Deadnamings – Eine Untersuchung de lege lata, NStZ 2023, 76
Mangold, Menschenrechtlich gebotene geschlechtliche Selbstbestimmung, ZRP 2022, 180
Schinkels, Personenstandsrechtlicher Sprechakt über die eigene Genderidentität, ZRP 2022, 222
Gerdemann, Ein Stück Rechtsgeschichte zu den Grenzen der Meinungsfreiheit in sozialen Medien?, ZUM 2022, 364
OLG Karlsruhe, Abgrenzung von Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung, GRUR-RS 2021, 15374