Dürfen Anwohnerinnen und Anwohner auf ihren Grundstücken mit eigenen Schildern, die amtlichen Verkehrszeichen ähneln, an Fahrer appellieren, die Geschwindigkeit in Ortsdurchfahrten zu drosseln? Das VG Freiburg meint "nein" und hat die Klage von drei Bodensee-Anwohnern abgewiesen.
Auf den strittigen Tafeln sind das Wort "Freiwillig", ein nachempfundenes Tempo-30-Zeichen und Silhouetten laufender Kinder zu sehen. Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die die Klagen unterstützt, sind die auf der Bodenseehalbinsel Höri aufgestellten Schilder eindeutig von amtlichen Verkehrszeichen zu unterscheiden. In den Kommunen gelte die übliche Begrenzung von 50 Stundenkilometern.
Das Landratsamt Konstanz hatte die Schilder zur freiwilligen Geschwindigkeitsbegrenzung als unzulässig eingestuft und mit einem Zwangsgeld gedroht, ohne aber einen formellen Bescheid zu erlassen. Das Verwaltungsgericht Freiburg entschied nun gegen drei Grundstückseigentümer, die die Schilder aufgestellt hatten und die Feststellung begehrten, dass sie damit im Recht sind (Urteile vom 16.10.2023 - 6K 1866/22, 6K 1867/22 und 6K 1868/22). In der mündlichen Verhandlung hatte das VG bereits darauf hingewiesen, dass die erhobenen Feststellungsklagen wegen des Prinzips der Nachrangigkeit der Feststellungsklage möglicherweise unzulässig seien, sodass über die Schilder in der Sache nicht entschieden werden könne.
DUH will nicht aufgeben
Die DUH erklärte, sie wolle ein Grundsatzurteil erstreiten und "in weiteren rechtlichen Schritten" eine Klärung erreichen. "Dazu müssen wir zunächst die Urteilsbegründung des Gerichts abwarten", sagte der Bundesgeschäftsführer der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation, Jürgen Resch. Er hatte bereits am Montag am Rande der mündlichen Gerichtsverhandlung signalisiert, den Streit notfalls in die nächste Instanz bringen zu wollen.
Bisher ist es nach Ansicht der DUH ungeklärt, ob Bürger nun mit den Tafeln für ein langsames Fahren werben dürfen. "Daher bleiben die Schilder stehen", hieß es in einer Mitteilung. Zu den Urteilsgründen will sich das Gericht nach eigenen Angaben in den nächsten Wochen äußern - ein Termin wurde nicht genannt.
"Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie den Menschen, die unter hohem Verkehrsaufkommen, Rasern und Verkehrslärm leiden, endlich hilft: Tempo 30 innerorts muss Regelgeschwindigkeit sein", erklärte Resch. Mit der angekündigten Reform des Straßenverkehrsgesetzes biete sich dazu eine Gelegenheit. Mit der Gesetzesnovelle soll es für Kommunen zumindest einfacher werden, Tempo-30-Zonen, Radwege und Busspuren einzurichten (Urt. v. 16.10.2023 - 6 K 1866/22).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Schubert, "Verbesserung des Miteinanders von Mensch und Verkehr", NZV 2016, 401