Wegen der umstrittenen Blockabfertigung von Lkws in Tirol zieht Italien jetzt gegen das Nachbarland Österreich vor den EuGH. Verkehrsminister Matteo Salvini sprach von "Transitverboten", die die österreichische Regierung einseitig am Brenner verhängt habe.
Salvini zufolge ist der am Montag beschrittene Gang zum Europäischen Gerichtshof das erste Mal überhaupt, dass Italien gegen einen EU-Partner vor Gericht zieht. Salvini gehört der Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni an.
Auf der wichtigen Route über die Alpen kommt es immer wieder zu langen Staus. Dies hatte in den vergangenen Jahren auch für viel Streit zwischen Deutschland und Österreich gesorgt - bis hin zu Klagedrohungen vom Bund. Auch Bayern, das sehr stark unter den Staus leidet, hatte mehrfach die Kommission aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten.
Österreich verweist auf Slot-System
Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) verteidigte einmal mehr die "Notmaßnahmen" Tirols und mahnte zu Verhandlungen. Schließlich liege mit dem "Slot-System" für buchbare Lkw-Fahrten auf der Brennerstrecke ein Vorschlag auf dem Tisch. "Darüber zu reden wäre jetzt angesagt - anstatt wöchentlich mit rechtlichen Schritten zu drohen", sagte sie der Nachrichtenagentur APA. Auch Tirols Ministerpräsident Anton Mattle (ÖVP) ist sich sicher, dass "Italien mit seiner Maximalforderung, nämlich die Aufhebung aller Tiroler Verbote" keinen Erfolg haben wird.
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter sagte, der Freistaat habe zusammen mit Tirol und Südtirol gehofft, "dass unsere gemeinsame Idee eines Slot-Systems als Alternative zur Blockabfertigung im wahrsten Sinne des Wortes Bewegung in den Güterverkehr über den Brenner bringt." Nun hoffe man auf eine schnelle Lösung durch den EuGH.
Der Lkw-Verkehr über die Brennerroute hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Nach Angaben von Mattle stieg die Zahl der Lastwagen von 1,1 Millionen im Jahr 2000 auf 2,5 Millionen im vergangenen Jahr. Damit entfielen auf den Brenner heute 40% des gesamten Alpentransits im Güterverkehr. Entsprechend haben auch die Belastungen auf und entlang der Route zugenommen.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Hofmeister, "Rien ne va plus" … auf Europas Straßen", JA 2023, 216
EuGH, Vorverfahren im Vertragsverletzungsverfahren, BeckRS 2015, 81541