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Besonderes Haftprüfungsverfahren dauert Monate: Verfassungsbeschwerde erfolgreich

BVerfG
Über Mo­na­te zog sich ein be­son­de­res Haft­prü­fungs­ver­fah­ren beim OLG hin. Dies habe tief­grei­fend das Recht des Be­schul­dig­ten auf ef­fek­ti­ven Rechts­schutz ver­letzt, stell­te nun das BVerfG fest. Ur­laub, eine Co­ro­na-Er­kran­kung in der Fa­mi­lie oder vor­ran­gi­ge "ei­ge­ne" Haft­sa­chen taug­ten nicht zur Recht­fer­ti­gung.

Der Beschuldigte ist seit seiner Verhaftung am 30.6.2022 in U-Haft. Am 28.12.2022 gingen beim OLG die Akten für die besondere Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO ein. Das OLG gab den Beteiligten noch Gelegenheit, zum Antrag der Staatsanwaltschaft auf Fortdauer der U-Haft Stellung zu nehmen, dann herrschte beim OLG über Monate Stillstand.

Als Begründung für die Verzögerung hieß es auf Nachfrage des Beschuldigten von der bearbeitenden Richterin: Der Berichterstatter sei längerfristig erkrankt, sie bearbeite das Verfahren als Vertretung erst seit dem 24.3.2023. Außerdem habe sie vorrangig zu bearbeitende "eigene" Haftsachen, Urlaub stehe an und ein Familienmitglied sei an Corona erkrankt. Am 16.6.2023 wandte sich der Beschuldigte an das BVerfG. Am 26.6.2023 ordnete das OLG die Fortdauer der U-Haft an.

Sechsmonatsprüfung und weitere Nachprüfung faktisch verwehrt

Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das OLG habe mit seiner langen Untätigkeit im besonderen Haftprüfungsverfahrens "tiefgreifend in das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes eingegriffen", so das BVerfG (Beschluss vom 21.09.2023 - 2 BvR 825/23).

Das BVerfG unterstreicht die Bedeutung der durch das GG und die EMRK gewährleisteten Verfahrensgarantien in Haftsachen, die eine zügige Entscheidung erforderten. Hier sei dem Häftling zwar wegen des Ruhens des Fristablaufs nach § 121 Abs. 3 StPO nicht formell, aber faktisch nicht nur die Sechsmonatsprüfung nach §§ 121 Abs. 1, 122 StPO, sondern auch die in § 122 Abs. 4 StPO vorgeschriebene Nachprüfung nach neun Monaten genommen worden.

Die vom OLG genannten Gründe, die der Häftling nicht zu vertreten habe, taugten nicht, um eine Verzögerung der Entscheidung über mehrere Monate zu rechtfertigen. Das gelte auch für die vertretungsweise Zuständigkeit der Richterin. Es falle in die gerichtsinterne Sphäre, dass auf die längerfristige Erkrankung eines Beisitzers erst nach einem halben Jahr im März 2023 reagiert wurde. Aber auch dann habe das OLG noch mal drei Monate bis zur Entscheidung gebraucht, moniert das BVerfG (Beschl. v. 21.09.2023 - 2 BvR 825/23).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

Peglau, Gefährliche Diskrepanzen bei der Haftprüfung durch das OLG, ZRP 2023, 81

Temming, Die Haftprüfung nach §§ 121122 StPO: Armutszeugnis für die Justiz?, NStZ 1998, 62

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