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Streit um Kundenrezensionen: Händler scheitert mit Verfassungsbeschwerde gegen einstweilige Verfügung

BVerfG
Einem Bal­kon­kraft­werk-Händ­ler waren per einst­wei­li­ger Ver­fü­gung meh­re­re Kun­den­re­zen­sio­nen auf einem On­line-Be­wer­tungs­por­tal un­ter­sagt wor­den. Seine da­ge­gen er­ho­be­ne Ver­fas­sungs­be­schwer­de hatte beim BVerfG kei­nen Er­folg. Es er­ach­te­te sie be­reits für un­zu­läs­sig.

Ein Konkurrent hatte dem Händler vorgeworfen, auf dem Portal künstlich generierte Rezensionen eingestellt zu haben. Er mahnte ihn unter Fristsetzung ab und beantragte nach fruchtlosem Verstreichen der Frist eine einstweilige Verfügung.

In der Abmahnung hatte der Konkurrent sein Unterlassungsbegehren durch Verweis auf einen Internetlink zum Profil des Unternehmens auf dem Bewertungsportal konkretisiert. Sein Eilantrag an das Gericht bezog sich auf Bildschirmfotografien von fünf einzelnen Rezensionen. Das Gericht erließ die einstweilige Verfügung, ohne das Unternehmen zuvor anzuhören.

Rechtsweg nicht erschöpft - direkte Verfassungsbeschwerde nur ausnahmsweise

Der Händler legte Widerspruch und parallel Verfassungsbeschwerde ein, mit der eine Verletzung der prozessualen Waffengleichheit rügte. Das BVerfG nahm sie nicht zur Entscheidung an. Der Rechtsweg sei nicht erschöpft. Gegen eine einstweilige Verfügung könne nur ausnahmsweise direkt Verfassungsbeschwerde erhoben werden. Die Voraussetzungen dafür lägen hier nicht vor. Es fehle an einem "hinreichend gewichtigen Feststellungsinteresse".

Ein solches Feststellungsinteresse setze voraus, wenn die Zivilgerichte die aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit folgenden Anforderungen grundsätzlich verkennen und ihre Praxis hieran unter Missachtung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe nicht ausrichten. Es genüge hingegen nicht, einen Verfahrensfehler geltend zu machen.

Gewichtiges Feststellungsinteresse nicht dargelegt

Der Händler hatte angeführt, das Unterlassungsbegehren in der Abmahnung sei ein anderes gewesen als das im Verfügungsantrag. Deswegen hätte es angehört werden müssen. Dies sieht das BVerfG anders: Nach der Kerntheorie für lauterkeitsrechtliche einstweilige Verfügungen beziehe sich ein Unterlassungsgebot auf den Inhalt der zu unterlassenden Handlung – und weniger auf ihre konkrete Formulierung im Einzelfall.

Auch sei das Unterlassungsgebot, das das Gericht zu den fünf konkreten Rezensionen verfügt habe, als "Minus" bereits in dem mit der Abmahnung geltend gemachten Begehren enthalten gewesen, das sich auf alle Rezensionen auf dem Profil des Unternehmens auf dem Bewertungsportal bezogen habe.

Der Händler hatte auch gerügt, dass der Wettbewerber im Verfügungsantrag erstmals auf diverse Angebote von Unternehmen hingewiesen habe, bei denen es gefälschte Bewertungen gekauft haben soll. Das BVerfG sieht hierin keine "waffengleichheitsrelevante Begründungsänderung". Der Konkurrent habe seinen Vorwurf mit diesem Vortrag nur illustriert, aber keinen neuen Streitgegenstand eingeführt.

Darlegung des Feststellungsinteresses nicht entbehrlich

Die Darlegung des Feststellungsinteresses sei nicht entbehrlich gewesen. Allein die fortgesetzte Belastung durch einen einseitig erstrittenen Unterlassungstitel reiche nicht aus. Vielmehr müsste das Unternehmen durch die Unterlassungsverpflichtung auch in der Sache belastet sein. Dafür, dass es einen durch die Schadensersatzpflicht gemäß § 945 ZPO nicht ausgleichbaren Nachteil erlitte, wenn es die beanstandeten Rezensionen erst nach Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens wieder auf ihrem Profil einstellen könnte, sei nichts vorgetragen oder ersichtlich (Beschl. v. 18.09.2023 - 1 BvR 1728/23).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

BVerfG, Prozessuale Waffengleichheit bei einstweiliger Verfügung - Schutzschrift, NJW 2023, 2475 

Mantz, Rechtsbehelf bei Verstößen gegen das Recht der Waffengleichheit, MMR 2023, 61 

Der Kampf um die Waffengleichheit in Eilverfahren, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 24.2.2021, becklink 2018988 

Mantz, Konkretisierung des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit durch das BVerfG, NJW 2020, 2007 

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