chb_rsw_logo_mit_welle_trans
Banner Jubiläumslogo

Berichterstattung verboten: Nachrichtenportal scheitert mit Verfassungsbeschwerde

BVerfG
Das LG Ber­lin ver­bot einem On­line-Nach­rich­ten­por­tal im Eil­ver­fah­ren, über Vor­wür­fe der Ver­un­treu­ung und Steu­er­hin­ter­zie­hung gegen Vor­stän­de eines Ver­eins zu be­rich­ten. Die da­ge­gen er­ho­be­ne Ver­fas­sungs­be­schwer­de des Por­tals schei­ter­te nun – sie sei schon un­zu­läs­sig, so das BVerfG.

Der Titel des Artikels, der am 2. Juni in dem Portal veröffentlicht wurde, lautete: "Schwere Vorwürfe gegen Vorstandsmitglieder des (…) e.V.". Im Untertitel hieß es "Veruntreuung, Steuerhinterziehung, unklare Buchführung, Überweisungen in die Schweiz - die Liste der im Raum stehenden Verdächtigungen gegen den Vorstand des Vereins ist lang. Eine Gruppe von Kritiker*innen sieht viele Unregelmäßigkeiten".

Auf Antrag mehrerer Vorstände des Vereins verbot das Landgericht Berlin dem Portal zahlreiche zuvor erfolglos abgemahnte Äußerungen in dem Artikel – "wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung". Das Portal legte Widerspruch ein.

Parallel zog es vor das Bundesverfassungsgericht und rügte, das LG habe sein Recht auf prozessuale Waffengleichheit verletzt, da es vor Erlass der einstweiligen Verfügungen nicht angehört worden sei. Ferner hätte das LG eine mündliche Verhandlung anberaumen müssen.

Verfahrensfehler nicht hinreichend dargelegt

Die Verfassungsbeschwerde war laut BVerfG aber bereits unzulässig. Anders als im Fall einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des BVerfG sei hier zwar der Rechtsweg vor den Fachgerichten erschöpft gewesen – ausnahmsweise, denn gegen eine einstweilige Verfügung kann nur ausnahmsweise unmittelbar eine Verfassungsbeschwerde eingelegt werden. Hier brachte das Portal laut BVerfG aber nachvollziehbar vor, die gerügten Verfahrensfehler seien Ausdruck eines bewussten und systematischen Übergehens seiner prozessualen Rechte.

Allerdings habe das Portal die monierten Verfahrensfehler nicht hinreichend dargelegt. Was die unterbliebene mündliche Verhandlung anbetrifft, betont das BVerfG, dass es um eine aktuelle Berichterstattung im Internet gehe. Das Presserecht sei grundsätzlich von dem Erfordernis einer schnellen Reaktion geprägt. Außerdem hätten die Fachgerichte einen weiten Wertungsrahmen bei der Frage, ob ein dringender Fall im Sinn des § 937 Abs. 2 ZPO gegeben sei und damit von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann (Beschl. v. 31.08.2023 - 1 BvR 1601/23).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

BVerfG, Prozessuale Waffengleichheit bei einstweiliger Verfügung - Schutzschrift, NJW 2023, 2475 

Mantz, Rechtsbehelf bei Verstößen gegen das Recht der Waffengleichheit, MMR 2023, 61 

Der Kampf um die Waffengleichheit in Eilverfahren, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 24.2.2021, becklink 2018988 

Mantz, Konkretisierung des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit durch das BVerfG, NJW 2020, 2007 

Mantz, Das Recht auf Waffengleichheit und die Praxis im Verfahren der einstweiligen Verfügung, NJW 2019, 953 

BVerfG, Gegen presserechtliche Unterlassungsanordnungen ausnahmsweise unmittelbar Verfassungsbeschwerde möglich, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 25.7.2017, becklink 2007367

Anzeigen:

NvWZ Werbebanner
VerwaltungsR PLUS Werbebanner

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü