Zum Start in die zweite Hälfte der Wahlperiode hat Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag einen "Deutschland-Pakt" zur raschen Modernisierung des Landes vorgeschlagen. Aus der Union kommt Zustimmung – geknüpft an Bedingungen. Die anderen Fraktionen übten vorrangig Kritik an der Ampelkoalition.
"Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung. Also lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in der Generaldebatte des Bundestags. Der Pakt solle Deutschland schneller, moderner und sicherer machen. "Tempo statt Stillstand, Handeln statt Aussitzen, Kooperation statt Streiterei."
"Nur gemeinsam werden wir den Mehltau aus Bürokratismus, Risikoscheu und Verzagtheit abschütteln, der sich über Jahre, Jahrzehnte hinweg über unser Land gelegt hat." Dieser "Mehltau" lähme die Wirtschaft, betonte der Kanzler. "Und er sorgt für Frust bei den Leuten im Land, die einfach wollen, dass Deutschland ordentlich funktioniert".
Scholz: Bereitschaft aller gefragt
Es brauche moderne Gesetze, schnelle Verfahren und weniger Bürokratie sowie die Bereitschaft aller, an einem Strang zu ziehen, betonte Scholz. Sein Angebot richte sich an die 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, an die Landräte und Landrätinnen, Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in der ganzen Republik. Scholz warb ausdrücklich auch bei Friedrich Merz (CDU), dem Vorsitzenden der größten Oppositionspartei, um Zusammenarbeit.
Dieser hatte als erster Redner zum Auftakt der Generaldebatte, die traditionell den Höhepunkt der Haushaltswoche bildet, die Politik der Ampel-Koalition massiv kritisiert. "Nach all dem, was wir bisher dazu gehört und gelesen haben, wird auch der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 dieser fundamentalen Herausforderung einer tatsächlichen Zeitenwende nicht gerecht. " Die Union streite aber nicht nur über Details des Haushaltes, sondern widerspreche ganz grundsätzlich dem Staatsverständnis der Ampel.
CSU zeigt sich offen
Merz kritisierte überbordende Bürokratie, das Gebäudeenergiegesetz und verlangte Technologieoffenheit im Gebäude- und Verkehrssektor. Er warf Scholz vor, mit den Plänen für eine Kindergrundsicherung und dem Bürgergeld einen bevormundenden, alles regulierenden und paternalistischen Staat ausbauen zu wollen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ging auf das Angebot des Kanzlers zur Zusammenarbeit ein und erklärte die Bereitschaft der Union hierfür. Das Angebot zeige aber auch deutlich, "dass die Gemeinsamkeiten in Ihrer Koalition ganz offensichtlich beendet sind". "Sie machen uns ein Angebot, weil Sie in ihrer eigenen Ampel für zentrale Fragen keine Mehrheit mehr sehen, Herr Bundeskanzler. " Als erstes müsse man dann über die Bewältigung einer der aktuell zentralsten Krisen, der Flüchtlingskrise, reden.
AfD und Linke kritisieren Regierung scharf
AfD-Chef Tino Chrupalla forderte Neuwahlen. "Die Zeit der Ampel ist abgelaufen", sagte er und kritisierte die Regierung unter anderem wegen der Energiepreise, der Inflation und des Heizungsgesetzes. Er warf ihr eine "fahrlässige und verfehlte Migrationspolitik" und speziell den Grünen eine wirtschaftsfeindliche Politik vor. An den Kanzler gerichtet, der weiterhin wegen seines Sportunfalls eine Augenklappe trägt, sagte er: "Öffnen Sie wieder, wenn Sie können, bitte beide Augen und sehen Sie, wie die deutsche Wirtschaft reagiert, wie sie abschmiert, und kümmern Sie sich endlich um das Rückgrat in diesem Land, um die deutsche Wirtschaft."
Linke-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali monierte, dass Scholz die Probleme im Land kleinrede und "grottenschlechtes Regierungshandeln" beschönige. "Deutschland ist in einer großen Wirtschaftskrise", sagte Mohamed Ali. "Wir dürfen jetzt nicht sparen, wir brauchen große Investitionspakete." Viele Menschen seien zu Recht wütend, dass im Etat Milliarden Euro für Rüstung rausgehauen werden sollten und überall sonst geknausert und gespart werde. Die geplante Kindergrundsicherung sei unzureichend und ein "Etikettenschwindel".
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich begrüßte den vom Kanzler vorgeschlagenen Plan und betonte: "Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir an diesem ‚Deutschland-Pakt‘ mitwirken."
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Aus der Datenbank beck-online
Eckpunkte zum Bürokratieabbau beschlossen – auch das Arbeitsrecht ist betroffen!, FD-ArbR 2023, 460139