chb_rsw_logo_mit_welle_trans
Banner Jubiläumslogo

Bundespolizei darf Umweltaktivistin nicht überwachen

VG Hannover
Die Über­wa­chungs­maß­nah­men gegen eine Kli­ma­ak­ti­vis­tin sind un­zu­läs­sig. Die Bun­des­po­li­zei habe sich bei der Fahn­dung nach der Frau auf eine fal­sche und bei ihrer Ob­ser­va­ti­on auf eine ver­fas­sungs­wid­ri­ge Rechts­grund­la­ge ge­stützt, ent­schied das VG Han­no­ver.

Die journalistisch tätige Umweltaktivistin, die für ihre Kletter- und Abseilaktionen bekannt ist, wurde zwischen Januar 2020 und Januar 2022 zum Zweck der Personenkontrolle bundespolizeilich zur Fahndung ausgeschrieben. Dies hatte zur Folge, dass sie im polizeilichen Informationssystem INPOL eingetragen und ein Bewegungsprofil erstellt wurde, aufgrund dessen sie häufig gründlich kontrolliert wurde.

Nachdem sie außerdem wegen Berichten und Hinweisen auf ihrer Homepage zu bevorstehenden Protesten gegen einen CASTOR-Transport aus dem britischen Sellafield nach Biblis über zwei Wochen verdeckt observiert worden ist und dabei erstmals Kenntnis von den Polizeimaßnahmen erhalten hat, erhob sie gesonderte Klagen.

Während die Aktivistin die Maßnahmen für rechtswidrig hielt, berief sich die Bundespolizei auf ihre Befugnisse zur Abwehr konkreter Gefahren.

Fahndung und verdeckte Observation waren rechtswidrig

Das VG ist der Argumentation der Aktivistin gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Sowohl die Fahndungsausschreibung als auch die Observation seien rechtswidrig gewesen.

§ 30 Abs. 5 BPolG, auf welchen die Fahndung gestützt worden sei, stelle keine Rechtsgrundlage für die Erstellung eines Bewegungsprofils dar, sondern solle nur die eine Kontrolle durchführenden Beamtinnen und Beamten sensibilisieren, befand das Gericht.

Die Observation habe ihrerseits nicht auf § 28 Abs. 2 BPolG gestützt werden können, da die Norm verfassungswidrig sei. Für eine längerfristige Observation sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen der Schwere des Eingriffs ein Richtervorbehalt notwendig. Eine entsprechende Gesetzesänderung stehe bevor. Unabhängig davon bestünden Zweifel, dass eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Aktivistin oder Dritter vorgelegen habe. Jedenfalls aber sei die verdeckte Observation unverhältnismäßig gewesen, da die Bundespolizei ihr Ziel - die Aktivistin rechtzeitig an Abseilaktionen zu hindern - auch mit einer offenen Observation erreicht hätte (Urt. v. 06.09.2023 - 10 A 5471/21).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

Barczak, Reform des Bundespolizeigesetzes ZRP 2023, 148

BVerfG, Verstoß gegen Richtervorbehalt bei längerfristiger Observation NJW-Spezial 2009, 585

Anzeigen:

NvWZ Werbebanner
VerwaltungsR PLUS Werbebanner

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü