Ein Mann fuhr 2019 außerhalb geschlossener Ortschaften 22 km/h zu schnell und wurde von einem Radargerät der Marke Leivtec XV3 erfasst. Gegen den Bußgeldbescheid in Höhe von 105 Euro erhob er vergeblich Einspruch. Vor dem Amtsgericht verlangte er, ein Gutachten einzuholen zum Beweis, dass der Sachverständige die Messung mangels Daten überhaupt nicht mehr überprüfen kann. Das Messgerät speichere die Rohdaten nicht, sondern werfe direkt das Ergebnis aus.
Das Amtsgericht lehnte ab, weil die Messung nach einem (damals) anerkannten sogenannten standardisierten Messverfahren durchgeführt worden sei und sich für Fehler keine konkreten Anhaltspunkte ergeben hätten. Beim standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein technisches Verfahren, das sicherstellt, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Sind Systeme in diesem Sinn geeicht, können die Gerichte in Verfahren vor allem zu Geschwindigkeitsmessungen weniger hohe Anforderungen an die Beweisführung stellen. Dass Fehler dennoch passieren können, soll durch Messtoleranzen ausgeglichen werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Praxis grundsätzlich gebilligt, im Jahr 2020 aber ein Recht von Betroffenen postuliert, grundsätzlich Zugang zu allen Informationen zu erhalten, auf die auch die Bußgeldbehörde zugreifen kann, auch wenn sich diese nicht in der Bußgeldakte befinden.
Recht auf Zugang zu Informationen ist kein Recht darauf, mehr Informationen zu schaffen
Die Verfassungsbeschwerde des Fahrers, der sich dagegen wehren wollte, dass Geräte gar keine Rohmessdaten speichern, nahmen die Karlsruher Richter nicht zur Entscheidung an. Der Betroffene habe nicht dargelegt, dass das Recht auf ein faires Verfahren nach den Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit 20 Abs. 3 GG verlange, dass der Staat zur Geschwindigkeitskontrolle nur Messgeräte einsetzt, die die Rohdaten zur Überprüfung speichern.
Dass Betroffene grundsätzlich ein Recht darauf haben, Zugang zu allen Informationen zu bekommen, die auch die Bußgeldbehörde hat, sofern sie für ihre Verteidigung relevant sind, bedeute nicht, dass der Staat selbst potenzielle Beweismittel vorhalten oder gar schaffen müsse, um Verteidigungsrechte zu garantieren. Der Autofahrer habe nicht dargelegt, warum der Grundsatz der "Waffengleichheit" es gebieten sollte, dass die Behörde nur Messgeräte einsetze, die die Rohdaten auch speichern. Denn die Rechtsprechung gewähre bloß Zugang zu bereits vorhandenen Daten (Beschl. v. 20.06.2023 - 2 BvR 1167/20).