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Verfassungsrechtler: BVerfG-Beschluss zu Heizungsgesetz stärkt Debattenkultur

Redaktion beck-aktuell (dpa)
Der Rechts­wis­sen­schaft­ler Oli­ver Lep­si­us hat den Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zum Hei­zungs­ge­setz als Sieg einer de­mo­kra­ti­schen De­bat­ten­kul­tur ge­wer­tet. "Das ist keine Nie­der­la­ge für die Kli­ma­ge­setz­ge­bung", sagte er der Deut­schen Pres­se-Agen­tur. Viel­mehr stär­ke das Ge­richt das Par­la­ment ge­gen­über Mi­nis­te­ri­en und ihren Stä­ben. Mi­nis­te­ri­en er­stell­ten sehr selbst­be­wusst Re­geln, die dann aber kaum mehr auf den Prüf­stand ge­stellt wür­den, so Lep­si­us.

Lepius kritisiert Stil der Gesetzgebung

Lepius bezeichnete dieses Vorgehen als "Berliner Unkultur, die schon vor der Ampelkoalition begonnen hat." Der Rechtswissenschaftler lehrt an der Universität Münster Öffentliches Recht und Verfassungstheorie. Er sieht den parlamentarischen Beratungsprozess nun durch das Verfassungsgericht gestärkt. "Das ist etwas Neues. Deshalb ist dieser kleine Beschluss durchaus ungewöhnlich. Das Hauptsacheverfahren kommt ja erst noch." Es habe schon viele Bundesgesetze gegeben, bei denen alles ganz schnell ging - mit verkürzten Beratungsfristen und maximalem Zeitdruck, zum Beispiel auch während der Corona-Pandemie. "Das ist also keine Eigenheit, die mit dem Heizungsgesetz verbunden ist. Es geht hier um den Stil der Gesetzgebung."

Heizungsgesetz inhaltlich durch Beschluss nicht ausgebremst

Im Kern gehe es um die Frage, welche Rolle Abgeordnete im Bundestag bei der Gesetzgebung spielen. Ob sie "Stimmvieh" seien oder aktiv an der Beratung mitwirken könnten und inhaltlich auf Vorlagen aus Ministerien oder Ausschüssen Einfluss nehmen. Bei 300 bis 400 Seiten starken Tischvorlagen, die Abgeordnete in 24 Stunden lesen sollen, sei das kaum möglich. "Wir haben einen Niedergang von Beratungskultur in der Gesetzgebung", sagte Lepsius. Begonnen habe dieser Verfall mit den Finanzmarkt-Stabilisierungsgesetzen in den Jahren 2008 und 2009, danach habe er sich ohne Not eingeschliffen. "Jetzt ist das eine Entscheidung gegen Expertokratie. Das hat nichts mit Öko zu tun. Da geht es um Abläufe der Willensbildung", sagte Lepsius. Das Heizungsgesetz sieht er dadurch nicht ausgebremst. Denn darum gehe es in dem Beschluss inhaltlich nicht. "Das Bundesverfassungsgericht ist jemand, der Klimaschutzpolitik stärkt. Eine härtere Gesetzgebung ist auf der Linie des Gerichts."

CSU-Abgeordneter forderte mehr Zeit

Das BVerfG hatte am 05.06.2023 mitgeteilt, die zweite und dritte Lesung zum Gebäudeenergiegesetz dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche stattfinden. Es hatte Zweifel daran angemeldet, dass die Rechte der Abgeordneten ausreichend gewahrt blieben. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hatte wegen des engen Zeitplans im Gesetzgebungsverfahren einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt. Als Reaktion auf den Gerichtsbeschluss wollen die Koalitionsfraktionen beantragen, die zweite und dritte Lesung des Gesetzes erst für Anfang September auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen.

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

  • Ahlers/Neumüller, Bundesregierung beschließt Rahmen fürs Heizen mit Erneuerbaren Energien, IR 2023, 125
  • Winkler/Zeccola/Tejkl, Die Wärmeplanung als rechtlicher Flickenteppich, EnWZ 2022, 339
  • Staudt/Azuma-Dicke, Wie gelingt die Wärmewende? - Chancen und Herausforderungen im Wärmesektor, KlimR 2022, 121

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