Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot eines Vereins als Teilorganisation der Salafisten-Vereinigung Ansaar International für rechtswidrig erklärt. Die Verbindungen zwischen WorldWide Resistance-Help (WWR-Help) und Ansaar seien 2019 beendet worden, nachdem Banken entsprechende Konten gekündigt hatten. Dagegen bestätigten die Richter das Verbot einer anderen Teilorganisation, des Somalischen Komitees Information und Beratung (SKIB).
Organisationen vor gut zwei Jahren verboten
Das Bundesinnenministerium hatte die Organisationen vor gut zwei Jahren mit der Begründung verboten, dass die Spendensammlungen von Ansaar in der Absicht erfolgt seien, diese an terroristische Vereinigungen im Ausland weiterzugeben. Diesen Vorwurf hatten die Vereine zurückgewiesen und gegen die Verbote geklagt. Das eigentliche Hauptverfahren zum Ansaar-Verbot ist noch nicht beendet und wird am 15.08. fortgesetzt. Das BVerwG hatte in den beiden jetzt entschiedenen Fällen lediglich zu prüfen, ob die Vereine Teilorganisationen von Ansaar sind und nicht, ob Verbotsgründe bestehen.
Identität zwischen Verein und seiner Gliederung erforderlich
Von einer Teilorganisation sei konkret auszugehen, wenn eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung – der Teilorganisation – besteht, so das BVerwG. Hierfür sei eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen. Die Voraussetzungen einer Teilorganisation müssten insbesondere noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung vorliegen. Nach diesem Maßstab handelt es sich nach Ansicht des BVerwG bei SKIB um eine Teilorganisation von Ansaar International. SKIB ist als Hilfsorganisation in Deutschland und Somalia tätig. Zwar verwirkliche der Kläger eigene Projekte in Somalia in einem geringen Umfang unabhängig von Ansaar. Jedoch würden seine Aktivitäten von den gemeinsam Projekten geprägt. Für diese habe der Kläger ein Vorschlagsrecht, aber Ansaar International entscheide ohne Einflussmöglichkeit des Klägers über das "Ob" der Realisierung, die Finanzierung und die Durchführung. Der Kläger sei dann unter Einbeziehung einer Partnerorganisation lediglich für die Umsetzung vor Ort zuständig.
SKIB ist in den Gesamtverein eingegliedert
Außerdem bestimme Ansaar International die Anforderungen an die Dokumentation der verwirklichten Projekte. Neben dem sich hieraus ergebenden Über-/Unterordnungsverhältnis im Bereich der gemeinsamen Projekte habe sich der Kläger auch der finanziellen Kontrolle eines auf seinen Namen laufenden Kontos zugunsten von Ansaar International vollständig begeben. Diese noch im Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung am 05.05.2021 vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigen nach Ansicht des Gerichts die Annahme der Eingliederung des Klägers in den Gesamtverein von Ansaar International.
WWR-Help nur zeitweise Teilorganisation von Ansaar
Im Verfahren um WWR-Help bestätigte das BVerwG hingegen das Verbot nicht. WWR-Help habe sich die Unterstützung hilfsbedürftiger und notleidender Menschen vor allem im Gazastreifen zum Ziel gesetzt. Lediglich im Zeitraum von Anfang 2016 bis März 2019 habe es sich um eine Teilorganisation von Ansaar International gehandelt. Der Kläger habe in diesem Zeitraum Ansaar nicht nur einige seiner Konten zur eigenständigen Nutzung überlassen, sondern diese Vereinigung auch in die Lage versetzt, im Namen des Klägers im Geschäftsverkehr aufzutreten und Verträge abzuschließen. Darüber hinaus habe der Kläger sämtliche Rechnungen und Unterlagen mit Bezug zu den überlassenen Konten an Ansaar International weitergeleitet und die Erledigung der Buchhaltung insoweit an diese Vereinigung abgegeben. Zur Kontrolle der auf den überlassenen Konten eingehenden Gelder habe Ansaar International die Schwiegermutter seines Vorsitzenden in den Vorstand des Klägers entsandt.
Verbotsverfügung im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig
Die Nutzung der Vereinsstrukturen des Klägers durch Ansaar International habe aber spätestens im März 2019 geendet. Ansaar International habe die Verbindung zwischen den Vereinigungen nicht aufrechterhalten, nachdem Mitte August 2018 die vom Kläger überlassenen Konten seitens der Banken gekündigt worden waren. In der Folge sei die Kommunikation zwischen den Vereinigungen im März 2019 abgebrochen und die Vereinstätigkeit des Klägers weitestgehend zum Erliegen gekommen. Damit seien in tatsächlicher Hinsicht die wesentlichen Umstände entfallen, die die Annahme einer Teilorganisation gerechtfertigt haben. Insoweit erweist sich die Verbotsverfügung im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses nach der Entscheidung des BVerwG als rechtswidrig (Urt. v. 07.07.2023 - 6 A 2.21).