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Fahrtenbuchauflage für Halter bei unzureichenden Ermittlungsmaßnahmen rechtswidrig

OVG Münster
Eine Fahr­ten­buch­auf­la­ge für den Fahr­zeug­hal­ter kommt nur dann in Be­tracht, wenn die Tä­ter­fest­stel­lung nach einem Ver­kehrs­ver­stoß un­mög­lich oder un­zu­mut­bar ist. Hier­von sei nicht aus­zu­ge­hen, wenn die Um­stän­de dafür spre­chen, dass ein am sel­ben Wohn­sitz le­ben­des Fa­mi­li­en­mit­glied als Täter in Frage kommt, so das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter. Die Be­hör­de hätte na­he­lie­gen­den und wenig auf­wen­di­gen Er­mitt­lungs­an­sät­zen nach­ge­hen müs­sen.

Streit um Fahrtenbuchauflage für Halterin bei "nicht ermittelbarem" Fahrzeugführer

Die Klägerin ist Halterin eines Pkw, mit dem innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 26 km/h überschritten wurde. Auf dem Radarfoto ist ein junger Mann als Fahrer gut zu erkennen. Nachdem sich die Klägerin auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat und das Bußgeldverfahren eingestellt wurde, verpflichtete der Kreis die Klägerin, für die Dauer von zwölf Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Im hiergegen eingeleiteten Klageverfahren machte die Klägerin geltend, der Fahrer sei ihr in ihrem Haushalt lebender Sohn gewesen. Über eine Auskunft der Meldebehörde und einen Abgleich des Tatbildes etwa mit dessen Personalausweisfoto wäre es ohne weiteres möglich gewesen, ihn als Fahrer zu identifizieren. Das VG wies die Klage ab.

Kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen nicht erforderlich

Auf die Berufung der Klägerin hat das OVG die Fahrtenbuchauflage nun aufgehoben. Eine Fahrtenbuchauflage komme nur dann in Betracht, wenn die Täterfeststellung nach einem Verkehrsverstoß unmöglich oder unzumutbar gewesen sei. So sei es der Behörde nach der Rechtsprechung des BVerwG regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben, wenn der Fahrzeughalter die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ablehnt und auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen.

Aber: Täter hätte ohne Aufwand als Familienmitglied ermittelt werden können

Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Mit Blick darauf, dass vieles - etwa das klare Tatfoto und die Zeugnisverweigerung der Klägerin - für einen Täter aus dem Familienkreis gesprochen habe, hätte die Behörde bei der Meldebehörde mögliche, den Tätermerkmalen entsprechende Familienangehörige unter derselben Anschrift wie die Klägerin ermitteln müssen. Auf Grundlage dieser Information hätten dann womöglich deren Lichtbilder aus dem Personalausweisregister für einen Fotoabgleich angefordert werden können. Dies wäre ohne nennenswerten Aufwand möglich gewesen, sei in Verfahren dieser Art regelmäßig üblich und hätte im konkreten Fall zu einem Tatverdacht gegen den Sohn der Klägerin geführt (Urt. v. 31.05.2023 - 8 A 2361/22).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

  • Brandmair, Fahrtenbuchauflage – Halterhaftung durch die Hintertür?, NZV 2023, 32
  • VG Köln, Erfolgloser Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung, BeckRS 2022, 15135 (Vorinstanz)

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