Hat ein anerkannter Flüchtling in seinem Herkunftsstaat mehrere Frauen geheiratet, kann nur eine der Ehefrauen den von ihrem Ehemann abgeleiteten Familienflüchtlingsschutz erhalten. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden und das erstinstanzliche Urteil aufgehoben. Die weitere Ehefrau habe lediglich einen Anspruch auf eine individuelle Prüfung ihres eigenen Asylantrags. Das OVG hat die Revision zugelassen.
OVG: Kein Familienflüchtlingsschutz für weitere Ehefrau
Laut OVG wird Familienflüchtlingsschutz der Ehegattin oder dem Ehegatten eines Flüchtlings unter bestimmten Bedingungen "automatisch" gewährt, ohne dass der Ehegatte in seiner eigenen Person die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfüllen muss. Habe ein anerkannter Flüchtling in seinem Herkunftsstaat mehrere Frauen geheiratet, könne jedoch nur eine der Ehefrauen den von ihrem Ehemann abgeleiteten Familienflüchtlingsschutz erhalten. Dies ergebe sich sowohl aus dem deutschen Recht als auch aus dem EU-Recht. Die weitere Ehefrau habe in einem solchen Fall lediglich einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihren eigenen Asylantrag individuell prüft. Dem OVG zufolge hatte dies hier (nur) zu der Zuerkennung subsidiären Schutzes geführt, was nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sei (Urt. v. 17.05.2023 - 3 B 24/22).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
- Dörig, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Asylrecht im Jahr 2022, ZAR 2023, 124
- VG Hamburg, Mehrehe, Polygamie, Zweitehe, Familienflüchtlingsschutz, Abschiebungsverbot, Asylverfahren, Familie, Flüchtlingseigenschaft, Irak, BeckRS 2020, 12301