Die Debatte, ob das Abitur in manchen Bundesländern besonders hart und mehr "wert" ist, gibt es schon lange. Die Länder wollen nun mehr Vergleichbarkeit. Die Kultusminister beschlossen eine Reform der "Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe", die es seit 1972 gibt und die bereits mehrfach angepasst wurde. Um Abi-Prüfungen geht es bei der Neuregelung nicht, sondern um die "Qualifikationsphase" davor.
Begrenzung der Kurszahlen
Nur ein Drittel der Abiturnote errechnet sich aus den Prüfungsergebnissen. Zu zwei Dritteln gehen die Leistungen aus der zweijährigen Qualifikationsphase in die Abschlussnote ein. Diesen Teil wollen die Länder nun stärker vereinheitlichen. Konkret sieht die Reform vor, dass angehende Abiturientinnen und Abiturienten künftig nur noch maximal drei Leistungskurse belegen können. Die meisten Länder haben bereits jetzt nur zwei oder drei festgelegt, theoretisch sind aber vier möglich. Bei zwei Leistungskursen sollen diese fünf Stunden pro Woche unterrichtet werden, bei drei Kursen können es auch vier Stunden sein. Zudem sollen in den vier Halbjahren der Qualifikationsphase künftig 40 Kurse verpflichtend belegt werden. 36 davon sollen in der Regel in die Abschlussbewertung einfließen. Momentan kann das jedes Bundesland anders handhaben und 32 bis 40 Kurse in die Gesamtberechnung einfließen lassen.
Erstmals einheitliche Vorgabe für Anzahl und Gewichtung von Klausuren
Des Weiteren sollen sowohl in den Leistungskursen als auch in den Grundkursen - sofern es sich bei letzteren um Prüfungsfächer sowie Deutsch, Mathe und eine Fremdsprache handelt - bundesweit pro Halbjahr ein bis zwei Klausuren geschrieben werden. Im vierten Halbjahr kann eine Klausur geschrieben werden, muss aber nicht. Werden zwei Klausuren geschrieben, gehen sie zu 50% in die Halbjahresnote ein, bei einer Klausur sind es 30%. Die Naturwissenschaften Biologie, Chemie und Physik werden - wenn sie als Grundkurs belegt werden - einheitlich drei Stunden pro Woche unterrichtet, bisher waren hier auch zwei Stunden möglich. Gelten sollen die Regelungen spätestens für Schülerinnen und Schüler, die 2027 in die sogenannte Einführungsphase eintreten und 2030 ihr Abi machen.
Philologenverband begrüßt die Angleichungen, Lehrerverband skeptisch
Der Deutsche Philologenverband, der Lehrkräfte an Gymnasien und Sekundarschulen vertritt, begrüßte die Angleichungen. "Wir sind froh, wenn die Kultusministerkonferenz den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts von 2017 nun erfüllt und für mehr Vergleichbarkeit beim Abitur sorgt", sagte die Vorsitzende Susanne Lin-Klitzing. Es sei noch nicht alles, aber viel von dem erreicht worden, wofür man seit langem eintrete. Das BVerfG hatte 2017 eine bessere Vergleichbarkeit der Abitur-Noten gefordert. Zurückhaltender äußerte sich der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger. Er sprach von einem "Trippelschrittchen". Von einer echten Vergleichbarkeit sei man noch eine weite Wegstrecke entfernt. Er verwies auf weiter bestehende Unterschiede etwa bei den Abituraufgaben.
Große Spannbreite bei Abschlüssen
Die Spannbreite bei den Abschlussnoten ist im Bundesländervergleich sehr groß: 2022 schafften etwa in Thüringen laut der KMK-Abiturnotenstatistik 46% ein Einser-Abi (1,0-1,9), in Schleswig-Holstein waren es nur 25%. Die anderen Länder lagen dazwischen. Die Aussagekraft dieser Zahlen darüber, wie schwer oder leicht das jeweilige Abitur ist, ist zwar begrenzt, da viele Faktoren die Abschlussnote beeinflussen, aber in der Debatte spielen die Zahlen immer wieder eine Rolle. Die Länder hatten daher im Herbst 2020 eine neue "Ländervereinbarung über die gemeinsame Grundstruktur des Schulwesens" beschlossen und darin festgelegt, die Rahmenbedingungen fürs Abitur stärker anzugleichen.