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Keine Einwände gegen Abstandsregel für Wettvermittlungsstellen

VG Hannover
Das Ver­wal­tungs­ge­richt Han­no­ver hat eine Klage auf Er­tei­lung einer Er­laub­nis zum Be­trieb einer Ver­mitt­lungs­stel­le von Sport­wet­ten ab­ge­wie­sen. Der nach einer Re­ge­lung des Nie­der­säch­si­schen Glücks­spiel­ge­set­zes er­for­der­li­che Min­dest­ab­stand von 200 Me­tern zu Kin­der- und Ju­gend­ein­rich­tun­gen sei vor­lie­gend nicht ge­ge­ben. Diese Re­ge­lung sei ver­fas­sungs- und eu­ro­pa­rechts­kon­form.

Eingriff in Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt

§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 NGlüSpG ist nach Ansicht des Gerichts mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs.1 GG sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Legitimer Zweck der Regelung sei die Suchtprävention. Die Regelung sei geeignet, diesen Zweck zu fördern. Der Gesetzgeber gehe nachvollziehbar davon aus, dass aufgrund der verpflichtenden Mindestabstände von Wettvermittlungsstellen zu Kinder- und Jugendeinrichtungen Kinder- und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Wettvermittlungsstellen in ihrem täglichen Lebensumfeld geschützt werden. Die Regelung sei auch erforderlich und angemessen. Insbesondere hätte das Verbot von Außenwerbung, die Anpassung von Betriebszeiten und ähnlichem keinen gleichen Effekt, da die Sportwettvermittlungsstellen dann trotzdem an Kinder- und Jugendeinrichtungen heranrücken könnten und für diese vulnerablen Personengruppen ohne weiteres verfügbar wären.

Kein Verstoß gegen Grundsatz der Kohärenz

Der Eingriff sowohl in die Dienst- als auch in die Niederlassungsfreiheit gemäß  Art. 49 und 56 AEUV  sei europarechtlich gerechtfertigt. Insbesondere verstoße § 8 Abs. 3 Satz 1Nr. 3 NGlüSpG nicht gegen den Grundsatz der Kohärenz. Dieser Grundsatz besage, dass der Staat einen bestimmten Glücksspielsektor nicht unter dem Deckmantel der Suchtprävention zu Lasten Privater restriktiv reglementieren darf, um dann unter diesem Deckmantel eine expansive Glücksspielpolitik in diesem Bereich zu betreiben. Außerdem dürfe die liberale Regulierung eines Sektors nicht dazu führen, dass restriktive Regulierungen anderer Glücksspielsektoren ihre Wirksamkeit verlieren. Diesen Grundsätzen halte die streitgegenständliche Regelung stand. Insbesondere würden mit ihr keine fiskalischen Interessen verfolgt. Zwar böten auch staatliche Stellen in Niedersachsen Sportwetten an. Das Angebot sei allerdings mit dem Angebot von privaten Wettanbietern sowohl hinsichtlich der Attraktivität als auch hinsichtlich der von diesem Spiel ausgehenden Suchtgefahren nicht vergleichbar, was sich im aktuellen Umsatz privater Sportwettanbieter entsprechend niederschlage.

Sportwettenregulierung mit Regulierung übriger Glücksspielsektoren vergleichbar

Zudem füge sich die Sportwettenregulierung in die Regulierung der übrigen Glücksspielsektoren in Niedersachsen noch konsistent ein. Zwar gebe es in der Regulierung des Spielhallensektors keine mit § 8 Abs. 3 Satz 1Nr. 3 NGlüSpG vergleichbare Regelung. Dies führe aber nicht dazu, dass das Regulierungsregime der Sportwettvermittlungsstellen unwirksam wird. Denn es sei nicht zu erwarten, dass es aufgrund dieser Regelung zu beachtlichen Spielerwanderungen vom Sportwettenspiel zum Automatenspiel kommt. Gegen die Entscheidung kann Berufung zum OVG Lüneburg eingelegt werden (Urt. v. 14.03.2023 - 10 A 4968/21).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

  • Hilf/Umbach, Update zum Sportwettenrecht, ZfWG 2022, 341
  • Hilf/Umbach, Update zum Sportwettenrecht, ZfWG 2021, 247
  • Brüggemann, Die Regulierung von Sportwetten in Gegenwart und Zukunft, ZfWG 2020, 204
  • Hartmann, Kohärenz im Glücksspielrecht: vertikal – horizontal – intersektoral?, EuZW 2014, 814

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