BVerwG bestätigt Treuhandverwaltung für Rosneft-Töchter
Rosneft hatte gegen die Treuhandverwaltung geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte vier Tage mündlich verhandelt und dabei ausgiebig Zeugen zur Situation bei den deutschen Rosneft-Töchtern im vorigen Jahr befragt. Nunmehr bestätigte es das Handeln des Bundes, der die Treuhandverwaltung mit einer drohenden Gefahr für die Versorgungssicherheit in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine begründet hatte.
Staatliche Kontrolle war erforderlich
Nach Darstellung des Bundeswirtschaftsministeriums hatten die deutschen Tochterfirmen vor dem Hintergrund der Russland-Sanktionen im vorigen Sommer erhebliche Probleme. Banken und Versicherungen hätten die Zusammenarbeit aufgekündigt oder dies angedroht. Der russische Mutterkonzern habe Liquidität abziehen wollen. Zudem hätten die deutschen Firmen kein Interesse gezeigt, Alternativen zum russischen Öl aus der Druschba-Leitung zu suchen, das bei PCK in Schwedt verarbeitet wurde. Zwei ehemalige Rosneft-Geschäftsführer hatten diese Schwierigkeiten in der Verhandlung weitgehend bestritten.
Treuhandverwaltung rechtmäßig
Das BVerwG hat beide Klägerinnen zwar für klagebefugt gehalten, die Klagen jedoch nicht als begründet angesehen. Die Anordnung der Treuhandverwaltung vom 14.09.2022 sei rechtmäßig. § 17 Abs. 1 bis 4 EnSiG sei verfassungskonform. Er ermächtige zur Anordnung der Treuhandverwaltung über Unternehmen der Kritischen Infrastruktur im Sektor Energie, wenn die konkrete Gefahr bestehe, dass das Unternehmen sonst seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Energiesektor dienenden Aufgaben nicht erfüllen werde, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit drohe.
Keine ausreichenden Vorkehrungen gegen Versorgungsunterbrechung
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die konkrete Gefahr bestanden, dass RDG und RNRM ohne eine Treuhandverwaltung ihre Aufgabe, ihren bisherigen Beitrag zur Energieversorgung weiter zu erbringen, künftig nicht erfüllen könnten. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hat der Senat die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen und die Angriffe gegen die Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen im Einzelnen geprüft. Die dem Ministerium Mitte September 2022 bekannten und für es erkennbaren Umstände hätten die Prognose gerechtfertigt, dass RDG und RNRM ihren Versorgungsbeitrag im Fall einer Unterbrechung der russischen Rohöllieferung, auf die Versuche zum Kapitalabzug hindeuteten, nicht mehr leisten könnten. Sie hätten für diesen Fall keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen, obwohl das Klagevorbringen selbst eine gewisse Wahrscheinlichkeit einer solchen Unterbrechung einräume. Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit seien wegen der überragenden Bedeutung der Versorgungssicherheit gering. Das Ministerium habe sein Ermessen zur Anordnung der Treuhandverwaltung auch entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt.
Grundrechte nicht verletzt
Sollten Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG vorliegen, seien sie verhältnismäßig, so das BVerwG weiter. Das Einschalten der Treuhänderin sei geeignet und wegen der unzureichenden Wirkung des Letters of Comfort erforderlich gewesen, die Overcompliance-Probleme zu reduzieren. Außerdem habe es ermöglicht, unverzüglich die für die Versorgungssicherheit nötigen Investitionen wie den Ausbau der Pipeline voranzutreiben. Bloße Auflagen hätten der Overcompliance nicht begegnen können und die Diversifizierung des Rohölbezugs erschwert. Mittel des Erdöl-Bevorratungsverbandes seien für unvorhergesehene Engpässe vorgesehen. Die Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen seien erforderlich, um die Wirksamkeit der Treuhandverwaltung zu sichern. Auch die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG sei, falls betroffen, nicht verletzt. Die Anordnung stelle eine nicht entschädigungspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums an den Gesellschaftsanteilen dar. Sie sei verhältnismäßig, weil sie wegen der überragenden Bedeutung des Gemeinwohlguts der Versorgungssicherheit von der Sozialbindung des Eigentums gedeckt sei. Ein Ausfall der PCK-Raffinerie hätte die Befriedigung existenzieller Bedürfnisse wie die Wärmeversorgung von Wohnungen, Schulen und Heimen, die Krankentransporte und die Feuerwehr gefährdet, deren Funktionsfähigkeit der Staat zur Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten sicherstellen müsse (Urt. v. 14.03.2023 - 8 A 2.22).