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NVwZ Editorial

Upcycling statt Abriss!

Rechtsanwalt Dr. Thomas Schröer, LL.M. (Illinois), Frankfurt am Main

20/2023

Down Under ist ganz oben. Jedenfalls wenn es um das Weiterbauen im Bestand geht. Während in Deutschland Altbauten meist abgerissen werden, um Platz für Neubauten zu schaffen, haben die Australier bei einem Hochhausprojekt gezeigt, wie man einen vorhandenen Altbestand zu einer neuen Architekturikone aufwertet. Es geht um den 206 m hohen Turm „Quay Quarter Tower“ in Sydney, der den Internationalen Hochhaus Preis 2022/23 gewonnen hat. Das Projekt setzt Maßstäbe bei der Nachhaltigkeit, denn der Vorgängerbau – ein Hochhaus aus den 1970er Jahren – blieb erhalten und wurde zu zwei Dritteln in den Neubau integriert. Das Ergebnis überzeugt: Die Nutzfläche wurde verdoppelt und das Gebäude erscheint insgesamt als Neubau.

Dieser „Upcycling-Tower“ trifft den Nerv der Zeit, denn auch hierzulande wird aus Gründen des Klimaschutzes gefordert, keine Bestandsgebäude mehr abzureißen, um die darin gebundene graue Energie zu erhalten. Die Frage ist, welche Rahmenbedingungen bestehen müssen, damit das praktisch gelingt und wirtschaftlich sinnvoll ist? Trotz internationaler Vorzeigeprojekte zögern in Deutschland noch viele Investoren, solche Umbauprojekte anzugehen. Sie haben Angst vor Problemen im Genehmigungsverfahren und bei der baulichen Umsetzung sowie den damit verbundenen Kostenrisiken. Die zuletzt öffentlichkeitswirksam propagierte „Umbauordnung“ ist allein zum Liebling der Architekten, nicht aber der Bauherren geworden. Um auch die Investoren abzuholen, bedarf es zusätzlicher Anreize und Vorteile, die über die Einführung spezieller Umbauregelungen in den Landesbauordnungen hinausgehen.

Helfen würden überzeugende Angebote des Gesetzgebers in Bezug auf mehr Flexibilität bei Art und Maß der baulichen Nutzung im Falle des Weiterbauens im Bestand. Hierzu wäre eine Aufweichung der strengen Vorgaben der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der zulässigen Nutzungsarten innerhalb der verschiedenen Baugebiete erforderlich, damit der Umbau mit einer Nutzungsänderung einhergehen kann. Auch helfen würde die Gewährung einer höheren Ausnutzung über die starren Vorgaben eines Bebauungsplans bzw. das enge Korsett der städtebaulichen Einfügungsklausel hinaus. Vorbild für eine solche Bonusregelung ist § 248 BauGB, der schon jetzt in begrenztem Umfang eine höhere Ausnutzung bei energetischen Sanierungen zulässt. Auch im Bauordnungsrecht ist mehr Beinfreiheit nötig. Hier könnte der Vorschlag zur Einführung eines „Gebäudetyps E“ als Türöffner für innovative Techniken dienen. Das Kürzel steht für einfaches oder experimentelles Bauen.

Recycling wird am Ende nur dann als Upcycling wahrgenommen, wenn trotz der Weiterverwendung alter Gebäudestrukturen auf wirtschaftliche Weise eine baulich, architektonisch und technisch zeitgemäße wie nachhaltige Immobilie entsteht. Die ESG-Kriterien lassen auch hier grüßen. Dazu müssen passende technische, wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbindungen als stimmiges und attraktives Gesamtkonzept geschaffen werden. Damit Upcycling statt Abriss in der Praxis gelingt, müssen aus Sicht der Investoren die Vorteile klar die Nachteile und Risiken überwiegen. Der Weg dorthin ist noch fast so weit wie eine Reise nach Down Under.

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