Professorin Dr. Margrit Seckelmann, M. A., Universität Hannover
19/2023
Die Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer hat sich für ihre 82. Jahrestagung unter anderem die Themen „Historische Konstanten und neue Impulse in der Entwicklung des verfassungsrechtlichen Verständnisses von „guter Verwaltung“ und „Information als Voraussetzung des Verwaltungshandelns“ zum Thema gesetzt. Die Verwaltung sowie die Maßstäbe und Ressourcen des Verwaltungshandelns haben es verdient, dass man sich so prominent damit beschäftigt. Und beides hängt auch eng miteinander zusammen. Denn Informationen sind nicht nur Voraussetzung des Verwaltungshandelns, sondern auch ihr Gegenstand und oftmals auch ihr Produkt.
Im Zeichen des am 24.9.2023 wirksam gewordenen Daten-Governance-Rechtsakts vom 30.5.2022 (Data Governance Act, ABl. 2022 L 152) entsteht langsam ein Bewusstsein dafür, dass auch Bereitstellung „guter“ Daten eine Verwaltungsaufgabe ist (und damit auch eine Aufgabe „guter“ Verwaltung). Die Datenstrategie der Bundesregierung von 2021 hat dieses durchaus erkannt, wenngleich etwas ungewöhnlich formuliert: „Regieren und verwalten in → Echtzeit erfordert Echtzeitdaten. Damit ist die Herausforderung verbunden, für gutes Regieren und Verwalten eine hohe Datenqualität zu gewährleisten“ [sic!]. Die Datenbasiertheit des Verwaltens (als Tätigkeit) wird damit einerseits angesprochen, andererseits wird der Verwaltung (als Organisation) auferlegt, für eine hohe Qualität der von ihr verwendeten und (im Zuge von Open Data) öffentlich bereitgestellten Daten zu sorgen.
Was genau versteht man unter der Sicherstellung von Datenqualität? Hierbei geht es darum, dass Daten nur dann als Grundlage für Entscheidungen und Planungen verwendbar sind, wenn sie (möglichst) genau, aktuell, konsistent, redundanzfrei und zuverlässig sind. Vieles davon klingt wie eine Selbstverständlichkeit, jedoch handelt es sich dabei – frei nach Bertolt Brecht – um „das Einfache, das schwer zu machen ist“ (auch schon jenseits des Umgangs mit personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO). Voraussetzung für eine stärkere Vernetzung des Verwaltungsangebots von Bund und Ländern und auch für den Aufbau von Datenräumen (wie dem European Health Data Space) ist eine größere Standardisierung und die Herstellung bzw. Gewährleistung von Interoperabilität. Hier erwachsen dem Staat und seiner Verwaltung ganz neue Aufgaben, beispielsweise im Bereich des Schnittstellenmanagements.
Bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, ist deutlich geworden, dass die Kompetenz zur Entscheidung über die Standards von entscheidender Bedeutung ist, daher ist es richtig, dass Art. 91c GG dieses auf Verfassungsebene festlegt. Und auch der Europäische Interoperabilitätsrahmen ist in diesem Zusammenhang zu nennen (ein Kommissionsvorschlag für einen Interoperabilitäts-Rechtsakt liegt bereits vor). Wir stehen allerdings erst am Anfang dieser Entwicklung. Es geht nunmehr darum, die Verwaltung (auch in wissenschaftlicher Hinsicht) dabei zu unterstützen, sich ihren neuen Aufgaben anzunehmen, ohne sich lediglich hinter Schlagworten („Datenschutz“) zu verstecken.
Eine hohe Sensibilität beim Umgang mit (personen- wie nicht personenbezogenen) Daten ist wünschenswert. Insofern sollte man es durchaus wertschätzen, wenn Verwaltungsmitarbeiter Bewusstsein für die Bedeutung von Daten zeigen. Entscheidend ist es aber, hier weitere Aufklärungsarbeit zu leisten, damit das Projekt der Digitalisierung der Verwaltung in Bund und Ländern nicht bereits an Informationsproblemen scheitert, die sich zu Akzeptanzproblemen auswachsen können.
Denn: Aufgeben ist keine Option!