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NVwZ Editorial

Turbo für den Ausbau der Erneuerbaren oder bleibt alles beim Alten?

Fachanwältin für Verwaltungsrecht Dr. Stefanie Ramsauer und Rechtsanwältin Cosima Baumeister, Hamburg

21/2024

Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht zu schleppend voran, um vereinbarte Klimaziele zu erreichen. Ein wesentlicher Grund sind die aufwändigen und zeitraubenden umweltrechtlichen Prüfungsverfahren, die UVP, die Artenschutzprüfung, die FFH-Verträglichkeitsprüfung und die Prüfung der Einhaltung wasserrechtlicher Bewirtschaftungsziele. Die befristete EU-Notfallverordnung hatte bereits Erleichterungen gebracht, insbesondere die Anerkennung eines überwiegenden öffentlichen Interesses; mit der neuen Reform der Erneuerbare-Energien-Richtlinie werden die Mitgliedstaaten darüber hinaus zu grundlegenden verfahrensrechtlichen Änderungen verpflichtet.

Herzstück der Reform ist ein zweistufiges Verfahren zur Ausweisung von sog. Beschleunigungsgebieten. Das sind Gebiete, die besonders geeignet sind, um Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien umzusetzen. Schon im Zuge der Ausweisung dieser Gebiete sind die Umweltbelange im Rahmen einer Strategischen Umweltprüfung gebündelt für das gesamte Beschleunigungsgebiet durchzuführen und ggf. Regeln für Schutzmaßnahmen vorzusehen. Im Gegenzug soll bei der Zulassung einzelner Vorhaben jeweils ein Großteil der vorhabenbedingten Umweltprüfungen entfallen. Das konkrete Vorhaben wird dann nur noch im Rahmen eines Screenings auf erhebliche und unvorhergesehene nachteilige Umweltbeeinträchtigungen untersucht.

Inzwischen liegt ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie für den Bereich der Windenergie an Land vor (BT-Drs. 20/12785). In dem Konflikt zwischen dem Interesse an dem Ausbau der Erneuerbaren aus Gründen des Klimaschutzes und dem Umweltschutz sind Kompromissformeln gefunden worden, in denen sich für beide Seiten etwas herauslesen lässt. Wie häufig bei  Umsetzungsgesetzen ist der Entwurf dadurch überkomplex und unübersichtlich. Das gilt insbesondere für den konkreten Prüfungsmaßstab im Rahmen des sog. Überprüfungsverfahrens, das als Ersatz für den Wegfall der Umweltprüfungen gedacht ist und vorhabenbedingte Folgen auf die Umwelt eindämmen soll. Die Genehmigungsbehörden haben danach zu prüfen, ob „eindeutige tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür vorliegen, dass das Vorhaben „höchstwahrscheinlich erhebliche unvorhergesehene nachteilige Umweltauswirkungen angesichts der ökologischen Empfindlichkeit des Gebiets“ haben wird und – soweit erforderlich – zur Verhinderung geeignete Minderungsmaßnahmen anzuordnen.

Angesichts solcher gesetzlichen Regelungen sind Rechtsunsicherheiten in der Anwendungspraxis vorhersehbar. Trotz der weitreichenden gesetzgeberischen Maßnahmen, droht damit eine Beschleunigung mit angezogener Handbremse. Jedenfalls wird die Etablierung des neuen Planungsinstruments der Ausweisung von Beschleunigungsgebieten nicht von heute auf morgen zu erwarten sein. Substanzielle Beschleunigungseffekte bei der Zulassung von Windenergieanlagen an Land sind nach diesem Gesetzesentwurf tendenziell nur auf lange Sicht zu erreichen. Ob bereits kurzfristig eine Beschleunigungswirkung eintritt, wird maßgeblich auch von der Anwendung der neuen Regelungen durch die Behörden abhängen.

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