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NVwZ Editorial

Neues Staatsangehörigkeitsrecht mit handwerklichen Mängeln

Rechtsanwalt Prof. (Yeditepe Univ. Istanbul) Dr. Rolf Gutmann, Schorndorf

12/2024

Editorial 18-2023Mit dem am 24.6.2024 in Kraft tretenden Staatsangehörigkeits-Modernisierungsgesetz (s. dazu Geerdes NVwZ 2024, 711) hat die Ampel nach eigener Einschätzung mit der Verkürzung der Aufenthaltszeiten, die Voraussetzungen für eine Einbürgerung sind, sowie der Hinnahme mehrfacher Staatsangehörigkeit eine Anpassung an internationale Standards vorgenommen. Eine Einbürgerung nach fünf Jahren (und in Ausnahmefällen besonderer Integrationsleistungen unter Voraussetzung von Sprachkenntnissen auf dem Niveau C1, das nicht jeder Abiturient erreicht, nach drei Jahren) führt nicht zur Beschleunigung, weil die behördliche Überlastung mit einer regelmäßigen Verfahrensdauer von zwei bis drei Jahren wohl nicht verkürzt werden wird. Mit ihrer Kritik haben die Oppositionsparteien deshalb viel Lärm um nichts entfaltet und die Neuregelung nur zum Selbstzweck angegriffen. Die Hinnahme von Mehrstaatigkeit hätte eine beträchtliche Entlastung der Behörden darstellen und zur Verfahrensbeschleunigung beitragen können. Der bisherige Zwang zur Entlassung aus der Staatsangehörigkeit führte zur mehrfachen Prüfung der Voraussetzungen der Einbürgerung, die sowohl bei der Erteilung einer Zusicherung zur Einbürgerung nach Entlassung erforderlich war als auch im Zeitpunkt der Entlassung selbst. Dazu gehören neben der erneuten Prüfung der Sicherung des Lebensunterhalts auch erneute Nachfragen bei Sicherheitsbehörden, die eigentlich andere Aufgaben haben. Einer Verfahrensvereinfachung wird indes dadurch entgegen gewirkt, dass das Gesetz an verschiedenen Stellen handwerklich schlecht gemacht ist. So wird im neuen § 10 I StAG für die Einbürgerung eine Klärung der bisherigen Staatsangehörigkeit vorausgesetzt, obwohl die Einbürgerung ohne Entlassung aus der Staatsangehörigkeit erfolgen soll. Sinn und Zweck dieses Relikts aus dem bisherigen Text sind nicht erkennbar und unbegründet. Aber ist eine Abweichung vom Gesetzestext mit der Annahme eines gesetzgeberischen Versehens hier zulässig?

In § 10 I 2 StAG wird ein Zusatz eingefügt, demzufolge antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen mit der Menschenwürdegarantie unvereinbar sind. Die tagespolitisch begründete Ergänzung und die Vorgabe des Schutzes jüdischen Lebens in § 10 I 1 Nr. 1a StAG bergen die Gefahr in sich, dass dadurch andere problematische Formen als unproblematisch erscheinen können. Mit der Formulierung, dass es auf antisemitische Handlungen ankomme, könnte die bloße Äußerung entsprechender Gedanken unschädlich sein. Tatsächlich sind diese beiden Zusätze angesichts des zu verlangenden Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung vollkommen überflüssig und bringen nur unnötige Interpretationsaufgaben.

Claritiy, simplicity and elegance, die nach Somerset Maugham Kennzeichen eines guten Gesetzgebers sind, fehlen auch bei der erleichterten Einbürgerung, wenn Eltern nur wegen ihrer Kinder den Lebensunterhalt nicht sichern können. Nach der Formulierung der Vorschrift sind in diesen Ausnahmefällen nur die Eltern begünstigt und die Kinder dürfen nicht mit eingebürgert werden. Dabei beabsichtigte der Gesetzgeber beim Erwerb der Staatsangehörigkeit keine Trennung der Familie. Deshalb wird die Praxis auch hier zu Auslegungskünsten gezwungen werden.

Rechtsanwalt Prof. (Yeditepe Univ. Istanbul) Dr. Rolf Gutmann, Schorndorf

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