Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Thomas Schröer, LL.M. (Illinois), Frankfurt a. M.
11/2024
„Hochhäuser sind cool!‘ Wer dieser Meinung ist, findet in Frankfurt a. M. sein Glück. Dort stehen die höchsten Türme des Landes. Von 19 deutschen Wolkenkratzern, die über 150 m hoch sind, befinden sich 18 in der Main-Metropole. Damit die Stadt auch in Zukunft „Mainhattan“ bleibt, hat ihr Magistrat ein Update des Hochhausentwicklungsplans auf den Weg gebracht („HEP 2024“). So sehr die Stadt in den letzten 30 Jahren vom Hochhausboom profitiert hat, war die Geburt der neuerlichen Fortschreibung doch schwierig. Erst 2023 nahmen konzeptionelle Überlegungen richtig Fahrt auf, die jetzt auch eine politische Mehrheit fanden. Der HEP 2024 weist insgesamt 14 Hochhausstandorte in zwei Clustern aus. Neu ist, dass es sich bei 4 Angeboten um Aufstockungen handelt, womit graue Energie erhalten werden soll.
Schlüssel zum Erfolg ist das Narrativ der „Hochhaus-Promenade“. Der
Blick auf die Hochhäuser aus der Perspektive eines Fußgängers im Park
ist ein Paradigmenwechsel. Dahinter steckt das Ziel, dass neue Wolkenkratzer zwei Vorderseiten haben sollen, indem sie sich nicht nur zum
Bankenviertel, sondern auch zur Wallanlage als dem „Frankfurter Central Park“ öffnen.
Diese bestechende Idee eröffnet erstmals die Chance, einen vertikalen Nutzungsmix zu
schaffen: In einem Gebäude könnte künftig am Park gewohnt und im Bankenviertel gearbeitet werden. Damit wäre das Homeoffice 2.0 erfunden und die Stadt der ganz kurzen
Wege.
Rechtlich handelt es sich bei dem neuen Hochhausentwicklungsplan „nur“ um ein informelles städtebauliches Entwicklungskonzept (§ 1 VI Nr. 11 BauGB). Für die Eigentümer der Grundstücke begründet er noch kein Baurecht. Wer verbindliches Planungsrecht erlangen will, muss zunächst einen mehrstufigen Vorplanungsprozess durchlaufen, der erstmals formell beschrieben wird. Er endet mit dem Abschluss eines Realisierungswettbewerbs, auf den das Bauleitplanverfahren folgt.
Zur Frankfurter Hochhausgeschichte zählen auch die zahlreichen nicht realisierten Projekte als Teil der „ungebauten Stadt“, die nicht sein sollte. Am bekanntesten ist der Mitte der 1980er Jahre auf der Südseite des Hauptbahnhofs geplante „Campanile“ mit einer Höhe von 268 m. Der spektakulär gezeichnete Turm wäre zu seiner Zeit das höchste
Hochhaus Europas geworden. Der Bau scheiterte letztlich am Widerstand einer Nachbarin, die eine angebotene Entschädigungszahlung in fast zweistelliger Millionenhöhe ausschlug und mit dieser Geschichte die Medien begeisterte.
Es erscheint deswegen auf den ersten Blick als Treppenwitz der Hochhausgeschichte, dass der HEP 2024 an gleicher Stelle erneut einen Turm vorsieht, der aber nur noch bis zu 200 m hoch werden soll. Im zweiten Anlauf könnte dem Projekt Erfolg beschieden sein. Das Nachbargrundstück ist nicht mehr betroffen. Zudem werden die städtebaulichen
Schwerpunkte mit dem geplanten unterirdischen Durchgangsbahnhof für den Fernverkehr nach Züricher Vorbild neu justiert. Für den Entwickler könnte damit das berühmte Lebensmotto von Michelle Obama zur Handlungsmaxime werden: „When they go low, we go high“.
Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Thomas Schröer, LL.M. (Illinois), Frankfurt a. M.