Juniorprofessorin Dr. Jacqueline Lorenzen, Argelander-Professur für das Recht der Nachhaltigkeit und ökologischen Transformation, Universität Bonn
5/2024
Die Folgen des Klimawandels, wie zunehmende Hitzewellen, andauernde Trockenperioden
und vermehrte Starkregenereignisse, sind mittlerweile auch in Deutschland immer deutlicher
zu spüren und zeitigen erhebliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Während der
Fokus der deutschen Klimapolitik und -gesetzgebung – insbesondere in Gestalt des BundesKlimaschutzgesetzes (KSG) – zunächst auf dem Klimaschutz lag, wird das Bewusstsein drängender, dass es im Umgang mit dem Klimawandel nicht allein um die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, sondern ebenso darum gehen muss, sich auf
die Folgen des Klimawandels einzustellen und die Resilienz von Gesellschaft,
Wirtschaft und natürlichen Ökosystemen gegenüber Klimaveränderungen zu
stärken. Dass der deutsche Staat zur Ergreifung von Anpassungsmaßnahmen
sogar verfassungsrechtlich verpflichtet ist, um seinen grundrechtlichen Schutzpflichten zu genügen, machte das BVerfG (NVwZ 2021, 951) in seinem Klimabeschluss (2021) deutlich.
Während die EU ihre Mitgliedstaaten mittels des Europäischen Klimagesetzes
(VO (EU) 2021/1119) seit 2021 zur Annahme, Umsetzung und regelmäßigen
Aktualisierung von Anpassungsstrategien und -plänen verpflichtet, gab es in
Deutschland bislang keine gesetzliche Rahmenregelung, die eine bundesweit flächendeckende
Erstellung und Umsetzung solcher Strategien verbindlich vorschrieb. Pflichten des Bundes
ergaben sich damit unmittelbar nur aus überstaatlichem Recht. Selbstverpflichtungen zur
Entwicklung landesweiter Klimaanpassungsstrategien lassen sich demgegenüber in einigen
Landesklimaschutzgesetzen finden. Diese Ausgangslage wird sich nun durch das BundesKlimaanpassungsgesetz (KAnG), vom 20.12.2023, das im Sommer 2024 in Kraft treten wird,
ändern. Fortan haben nicht nur Bund und Länder auf Grundlage von aktuellen Klimarisikoanalysen eigene vorsorgende Klimaanpassungsstrategien vorzulegen, umzusetzen und fortzuschreiben. Vielmehr haben die Länder darüber hinaus Sorge dafür zu tragen, dass künftig
auch für die Gebiete der Gemeinden und Landkreise Klimaanpassungskonzepte aufgestellt
werden. In enger Patenschaft zur Bestimmung des § 13 KSG normiert das KAnG daneben ein
Berücksichtigungsgebot, wonach Träger öffentlicher Aufgaben in Zukunft bereits eingetretene und künftig zu erwartende Klimawandelfolgen, wie Trockenheit und lokale WärmeInsel-Effekte in ihren Planungen und sonstigen Entscheidungen zu berücksichtigen haben (s.
auch Fellenberg/Dingemann/Römling, NVwZ 2024, 281, in diesem Heft).
Trotz Kritikwürdigkeit im Detail kommt das KAnG seinem Regelungsanliegen als Rahmengesetz für die Klimaanpassung in Deutschland nach. Das Gesetz stellt langfristig die ebenenund handlungsfeldübergreifende, flächendeckende Befassung mit den Erfordernissen der
Klimaanpassung sicher. Die Hauptarbeit wird hierbei bei den Landkreisen und Gemeinden
liegen, die derzeit in weiten Teilen noch über keine Anpassungskonzepte verfügen, obwohl
Maßnahmen der Klimaanpassung, wie Hitzeschutz oder Starkregenvorsorge, maßgeblich auf
regionaler und lokaler Ebene zu planen und umzusetzen sind. Mit den neuen Aufgaben wird
allerdings ein erheblicher Bedarf an Personal und Finanzmitteln einher gehen. Bund und
Länder stehen daher in der Verantwortung, zur Unterstützung der Gemeinden und Kreise
insbesondere für eine tragfähige Finanzierung zu sorgen. Die Aufnahme einer neuen Gemeinschaftsaufgabe „Klimaanpassung“ in Art. 91a I GG, wie sie zunehmend gefordert wird,
könnte hier Erleichterung schaffen.
Juniorprofessorin Dr. Jacqueline Lorenzen, Argelander-Professur für das Recht der
Nachhaltigkeit und ökologischen Transformation, Universität Bonn