Ltd. Städt. Direktor Dr. Florian Schröder, Einbeck
8/2024
Nachdem das „Gesetz zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften
zur Digitalisierung der Verwaltung (OZG-Änderungsgesetz)“ bzw. „OZG 2.0“ nach langer
Vorbereitung und kritischer Fachdiskussion (s. etwa Schröder, ZRP 2022, 256 ff. und die
Editoriale der NVwZ-Ausgaben 17/2022 und 3/2023) im Februar endlich vom Bundestag
beschlossen wurde, hat es bei der jüngsten Sitzung des Bundesrats die Höchststrafe erlitten: Das zustimmungsbedürftige Gesetz erhielt weder die notwendige Mehrheit in der Länderkammer, noch wurde es in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Damit liegt der Entwurf einstweilen im verfassungsrechtlichen Nirwana. Bundestag oder Bundesregierung können nunmehr den Vermittlungsausschuss anrufen, dass man dort in absehbarer Zeit zu einer vermittelnden Lösung zwischen Bund und Ländern kommen könnte, erscheint angesichts verhärteter Fronten allerdings recht optimistisch.
Was sind die wesentlichen Streitpunkte
• Einige Länder beklagen, dass der Umsetzungsaufwand auf Landes- und
kommunaler Ebene vom Bund finanziell nicht unterstützt werde. Dies gelte
nicht nur für den originären Online-Zugang, der bekanntermaßen auch 7 Jahre nach Inkrafttreten des OZG noch alles andere als bundesweit flächendeckend für alle OZG-Leistungen
möglich ist. Auch würden weitere Aspekte wie das geplante Datenschutzcockpit schlank an
Länder und Kommunen durchgereicht.
• Weiterhin beklagt werden fehlende Mitspracherechte in Bezug auf die per Bundes-Rechtsverordnung zu konkretisierenden Themen Kommunikationsstandards, IT-Sicherheit
und IT-Komponenten (§§ 4 ff. OZGÄndG-Entwurf). Gerade zum Punkt IT-Komponenten
offenbart sich der tiefe Graben, der trotz ausgiebiger Fachdiskussion und intensiver Arbeit
des IT-Planungsrates, der FITKO und der KoSIT zwischen den Verwaltungsebenen weiterhin
besteht: Es gibt bis heute kein gemeinsames Begriffsverständnis, geschweige denn gemeinsame
Definitionen oder gar verbindliche Standards, wenn es um die Verwaltungsdigitalisierung
geht
Mit dem vorübergehenden (?) Scheitern des OZG 2.0 wird vor allem aber zum x-ten Mal die
ganze Tragik des Föderalismus deutlich, wenn es um (Verwaltungs-) Digitalisierung geht.
Allen Argumenten aller Beteiligten wohnt aus der jeweiligen Perspektive Wahrheit inne.
Gleichwohl zeigt sich trotz aller Bemühungen, dass der Föderalismus des 20. Jahrhunderts
den Entwicklungen des 21. Jahrhunderts in manchen Punkten nicht mehr gewachsen ist. Das
führt dazu, dass allseits für richtig befundene und gerade auf kommunaler Ebene ersehnte
Ergebnisse des OZG 2.0, wie das überfällige Ende des Schriftformerfordernisses oder die verbindliche Festlegung von BundID und Once-only-Prinzip, im Ebenen-Wirrwarr unterzugehen
drohen. Das Kleinklein von tausend Einzelherausforderungen erstickt das große Ganze und
verhindert eine zeitgemäße Verwaltungsarbeit. Durch eine Änderung des Art. 91c V GG dahingehend, dass über den bloßen „informationstechnischen Zugang zu den Verwaltungsleistungen“ hinaus auch die Art und Weise der (informationstechnischen) Bearbeitung verbindlich vorgegeben wird, könnte der gordische Knoten zerschlagen werden. Das verbindliche
Setzen von Daten- und Schnittstellen-Standards und ein zentral zur Verfügung gestellter Pool
an Fachverfahren wären dann möglich. (Das) Scheitern (des OZG 2.0) als Chance? Ja, bitte!
Speyer Ltd. Städt. Direktor Dr. Florian Schröder, Einbeck