CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
jaheader_neu

Erfahrungsbericht JA 7/2025

Von Dr. Niklas Cordes, Richter am LG Münster und derzeit als hauptamtlicher AG-Koordinator an das OLG Hamm abgeordnet | Jun 16, 2025

Ein Blick hinter die Kulissen des Referendariats in NRW

Mein Name ist Niklas Cordes und seit Juni 2019 arbeite ich als Richter am Landgericht in Münster. Dort habe ich im Januar 2020 meine erste Arbeitsgemeinschaft, nämlich die ZPO I-AG, übernommen. Schon während meiner Promotionszeit an der Uni Münster hat mir das Leiten von Arbeitsgemeinschaften und das Arbeiten mit den Studierenden besonderen Spaß gemacht und durch die Übernahme von Arbeitsgemeinschaften am LG Münster konnte ich weiter in der Wissensvermittlung tätig bleiben. Bewusst habe ich mich hierbei für die Eingangsarbeitsgemeinschaft entschieden, weil meiner Meinung nach gerade am Anfang des Referendariats die juristischen Grundlagen für die Bearbeitung von Examensklausuren gelegt werden und sich dort viele Tricks und Hilfestellungen geben lassen, welche für ein erfolgreiches Referendariat wichtig sind. Ich selbst hatte das Glück, dass ich in meinem Referendariat sehr engagierte AG-Leiterinnen und AG-Leiter hatte, die den Lernstoff gut und auf eine humorvolle Art und Weise vermitteln konnten, und so ein AG-Leiter wollte ich auch werden. Denn schon im Referendariat werden die Weichen für die berufliche Zukunft gestellt, und es ist toll, wenn ich hier einen positiven Beitrag dafür setzen kann, dass das Referendariat bei den Referendarinnen und Referendaren erfolgreich verläuft. Inzwischen habe ich 16 ZPO-Arbeitsgemeinschaften geleitet und – was mich besonders freut – zahlreiche ehemalige Referendarinnen und Referendare haben sich für den Beruf der Richterin bzw. des Richters entschieden und sind zu meinen Kolleginnen und Kollegen geworden.

Zugeben muss ich in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass ich unterschätzt habe, wie arbeitsintensiv die Vorbereitung und Nachbereitung der AG-Stunden tatsächlich ist. Denn obwohl ich mir die erste Arbeitsgemeinschaft mit zwei befreundeten Richterkollegen aufgeteilt habe und mir von verschiedenen Seiten Unterlagen zur Verfügung gestellt worden sind, war die Vorbereitungszeit parallel zur eigentlichen Richtertätigkeit enorm. Nicht selten habe ich daher noch abends sowie an den Wochenenden an der Überarbeitung der PowerPoint-Folien für die nächste AG-Stunde gesessen. Gerade diese Mehrarbeit, die als Nebentätigkeit in der Freizeit stattfindet, ist meiner Meinung nach auch der Grund dafür, dass viele Kolleginnen und Kollegen davor zurückschrecken, Arbeitsgemeinschaften zu übernehmen. Umgekehrt bringen aber die Referendarinnen und Referendare – möglicherweise noch unter dem Eindruck der Repetitorien zur Vorbereitung auf das erste Staatsexamen stehend – berechtigterweise eine hohe Erwartungshaltung an die AG-Stunden sowie Umfang und Qualität der Lernunterlagen mit.

Aus diesem Grund habe ich mich auch sehr gefreut, dass das Ministerium der Justiz NRW sowie die Oberlandesgerichte Hamm, Düsseldorf und Köln im Jahr 2022 das Projekt der »AG-Koordination « ins Leben gerufen haben. Im Rahmen dieses Projekts haben die drei Oberlandesgerichte, das OVG NRW und das Innenministerium von NRW jeweils eine Richterin bzw. einen Richter abgestellt, um für ganz NRW einheitliche AG-Unterlagen für das Referendariat zu entwickeln.

Inzwischen liegen auch schon für jedes Rechtsgebiet und für jeden Klausurtyp Lernunterlagen vor, auf welche die AG-Leitenden in NRW zugreifen können, um diese in den Arbeitsgemeinschaften zu verwenden. Abgestimmt auf das JAG NRW und die zugehörigen Ausbildungspläne haben die AG-Koordinatoren Ablaufpläne für die jeweiligen Arbeitsgemeinschaften entwickelt. Bereitgestellt werden zum einen PowerPoint-Präsentationen, in welchen der Unterrichtsstoff sowohl abstrakt als auch anhand von zahlreichen Fallbeispielen aufbereitet worden ist. Zum anderen wurden zu zahlreichen Original- Examensklausuren PowerPoint-Präsentationen und ausformulierte Musterlösungen erstellt, welche die AG-Leitenden im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft an die Referendarinnen und Referendare weitergeben können. Dieses Angebot hilft nicht nur den Referendarinnen und Referendaren, indem einheitliche und qualitative Lernmaterialien zur Verfügung gestellt werden, sondern erleichtert auch für die AG-Leitenden den Einstieg in die AG-Leitertätigkeit und schafft ebenso Sicherheit, dass der prüfungsrelevante Stoff in der Arbeitsgemeinschaft abgedeckt wird. Alle Referendarinnen und Referendare in NRW erhalten spätestens nach Abschluss der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft Zugriff auf die vollständigen Unterlagen, damit sie ihre Examensvorbereitung auch auf diese Grundlage stützen können.

Da mir das Referendariat sehr am Herzen liegt, mir der Umgang mit jungen Menschen große Freude bereitet, ich gerne helfe und ich motiviert bin, die juristische Ausbildung im Referendariat weiter zu verbessern, wollte ich an diesem Projekt unbedingt mitwirken und habe mich im Dezember 2023 erfolgreich auf die Stelle des AG-Koordinators am OLG Hamm beworben. Hier kann ich mich jetzt mit meiner ganzen Arbeitskraft um viele Fragen aus den Arbeitsgemeinschaften im Hammer Bezirk kümmern. Das macht mir große Freude. Innerhalb der AG-Koordination in NRW ist der Plan, weiter auszubauen, und meine Aufgabe besteht nunmehr darin, in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium NRW und den anderen beiden Oberlandesgerichten Ideen hierfür zu entwickeln und diese sodann inhaltlich auszugestalten.

Durch das Projekt der »AG-Koordination« ist in den vergangenen drei Jahren viel in Bewegung gekommen. So haben wir in NRW beispielsweise im vergangenen Jahr eine digitale Lernplattform (https://vorbereitungsdienst.nrw.de) eingeführt, auf welcher die Referendarinnen und Referendare in virtuellen AG-Räumen zusammengeschlossen sind und hierüber die Lernunterlagen von ihren AG-Leitenden zur Verfügung gestellt bekommen. Auch die AG-Klausuren können nunmehr online über die Lernplattform geschrieben, korrigiert und zurückgegeben werden. Auch allgemeine Informationen rund um das Referendariat, wie beispielsweise Veranstaltungen und Fortbildungsangebote, werden über die Lernplattform bekannt gemacht.

Auf dieser digitalen Lernplattform wird von den AG-Koordinatoren außerdem eine frei abrufbare Fallsammlung zur Verfügung gestellt. Diese beinhaltet einen Pool an Original-Examensklausuren mit Sachverhalten und ausformulierten Musterlösungen und soll dazu dienen, dass die Referendarinnen und Referendare Formulierungsbeispiele für die Darstellung der verschiedenen prozessualen Konstellationen in den verschiedenen Klausurtypen erhalten. Zugleich können die dort hinterlegten Klausuren aber auch einfach nur zum privaten Selbststudium in den privaten Arbeitsgemeinschaften bzw. zum privaten Klausurentraining verwandt werden. Des Weiteren bestehen Unterlagen für die Arbeitsgemeinschaftseinheiten zur kritischen Reflexion des Rechts am Beispiel des NS- und SED-Unrechts.

Außerdem findet im wöchentlichen Turnus der landesweite »NRW-Klausurenkurs« statt. Hierbei erhalten die Referendarinnen und Referendare jede Woche die Gelegenheit, einen Original-Klausursachverhalt zu bearbeiten, welcher sodann immer am Montagabend von erfahrenen Prüferinnen und Prüfern bzw. AG-Leiterinnen und AG-Leitern online besprochen wird. Im Jahr 2025 ist von den AG-Koordinatoren weiter das »NRW-Klausurentraining« eingeführt worden. Hierbei wird für jeden Klausurtypus jeweils ein vierstündiger Online-Intensivkurs angeboten, in welchem das Examenswissen wiederholt und die Teilnehmenden für typische Fehler bei der Klausurbearbeitung sensibilisiert werden. Dieses Angebot findet zweimal pro Jahr statt und richtet sich an diejenigen Referendarinnen und Referendare, welche sich bereits im fortgeschrittenen Stadium des Referendariats befinden, und soll kurz vor dem Beginn der schriftlichen Examensprüfungen die finalen Hilfestellungen vermitteln.

Eine ganz besonders tolle Idee hatte mein Amtsvorgänger Christian Walz, welcher als AG-Koordinator des OLG Hamm den Ausbildungspodcast »Refpod« ins Leben gerufen hat. In diesem Podcast werden sowohl fachliche als auch übergeordnete Themen rund um das Referendariat mit immer wieder wechselnden tollen Podcastgästen besprochen, und ich kann jeder Referendarin und jedem Referendar nur dringend empfehlen, hier einmal selbst reinzuhören. Der Podcast erscheint jeden zweiten Dienstag und kann über Spotify, Apple Podcast und alle anderen gängigen Podcast-Plattformen gehört werden (https://www.olg-hamm.nrw.de/aufgaben/geschaeftsverteilung/verwaltung/dez05/08_RefPod/index.php).

Bei uns am OLG Hamm sind wir seit diesem Jahr zudem auch verstärkt darum bemüht, neben den an den Landgerichten des Bezirks bereits etablierten Angeboten weitere Lernangebote für die Vorbereitung auf die mündlichen Prüfungen des zweiten Staatsexamens zu schaffen. So findet in diesem Jahr im Sommer im OLG Hamm erstmals eine bezirksweite Prüfungssimulation statt, welche von der Präsidentin des Oberlandesgerichts Hamm und früheren Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes (LJPA) Gudrun Schäpers als Kommissionsvorsitzende sowie dem Generalstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Hamm Herrn Michael Schwarz und dem Präsidenten des Finanzgerichts Münster Herrn Christian Wolsztynski geleitet wird. Das Ziel der Veranstaltung ist es, den Referendarinnen und Referendaren die Gelegenheit zu eröffnen, ein realistisches Prüfungsgespräch mitzuerleben und Tipps und Hilfestellungen zur Examensvorbereitung zu geben.

Parallel hierzu haben wir auch für unsere »hauseigenen« Referendarinnen und Referendare des OLG Hamm aus dem Ergänzungsvorbereitungsdienst Prüfungssimulationen organisiert, welche dreimal im Jahr angeboten werden. Denn die Referendarinnen und Referendare sollen zukünftig nicht nur bei der Vorbereitung auf den Zweitversuch der schriftlichen Prüfung unterstützt werden, sondern darüberhinausgehend auch ein Training für die sich anschließende mündliche Prüfung erhalten.

Und schlussendlich – weil auch der Spaß im Referendariat nicht zu kurz kommen soll – gehört es ebenfalls zu meinen Aufgaben als AG-Koordinator, Veranstaltungen auf die Beine zu stellen, um den Referendarinnen und Referendaren eine bezirksübergreifende Vernetzung zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang habe ich im letzten Jahr beispielsweise den an den Landgerichten und am OLG Hamm als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tätigen Referendarinnen und Referendaren gezielt Unterstützung geben können, indem ich ihnen im Rahmen eines Workshops Einblick in die Richtertätigkeit gegeben habe. Im Juli 2025 werden wir im OLG Hamm außerdem ein »PubQuiz« durchführen, zu welchem alle Referendarinnen und Referendare aus dem Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm eingeladen sind und wir uns gemeinsam durch kuriose Fälle der Justizgeschichte quizzen.

Auch für die Zukunft gibt es noch weitere Ideen und Verbesserungsmöglichkeiten. Denn natürlich funktioniert auch weiterhin vieles in der Praxis noch nicht so reibungslos, wie wir uns das vorstellen, und wir wissen, dass wir noch nicht da sind, wo wir sein wollen. Aber wir bemühen uns, das, was Probleme bereitet und von uns aufgegriffen werden kann, durch gute inhaltliche Angebote aufzufangen und hier jeden Tag besser zu werden, um die Referendarinnen und Referendare bestmöglich auf das Examen vorzubereiten.

Bewerbertag Jura 2025

BTJ 2025

Anzeigen

JA_Banner_animiert_300x130

JA_Premium_bo_Banner_animiert_300x130

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü