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Dr. Boris Scholtka / Dr. Max Baumgart: (K)Ein Thema? Das Ende der Kernenergie in Deutschland.

Boris Scholtka und Max Baumgart
EnK-Aktuell 2023, 010106 Liebe Leserinnen, liebe Leser, auch diese Woche ist wieder voller Energie. Der Ausstieg aus der Atomkraft und die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes bewegen die Gemüter. Dabei geht fast das Reparaturgesetz für die Energiepreisbremsen unter. Wir berichten natürlich.

Die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke am 15.4.2023 ging vielfach durch alle Medien (in dieser Ausgabe EnK-Aktuell 2023, 010103 und 2023, 010101). Am Brandenburger Tor wurde auf beiden Seiten demonstriert: Auf dem Pariser Platz wurde der Ausstieg gefeiert. Auf der anderen Seite wurde für die Verlängerung der Erzeugung aus Kernkraft geworben. Mit Pro und Kontra wollen wir Sie nicht auch noch behelligen. Dazu ist alles gesagt. Erstaunlich ist aber, dass wenige Tage erst vor der Abschaltung eine Debatte über die endgültige Stilllegung erneut aufbrach. Hatte sich der Bundeskanzler im letzten Herbst doch noch auf seine Richtlinienkompetenz für die Abschaltung gegenüber den beiden gegensätzlichen Lagern in der Regierungskoalition berufen. Offensichtlich war, dass der Ausstieg so nicht gestoppt werden konnte. Ist diese Frage daher nur politischer Aktionismus? Wir werden sehen. Aktuell wird die Debatte nun auf Ebene der Länder fortgesetzt. Bayern (pro) und Brandenburg (contra) an der Spitze. Dabei wird auch die Endlagerfrage wieder thematisiert. Was bei diesen Diskussionen auf der Strecke bleibt, ist die Frage, wie es denn tatsächlich mit der Versorgungssicherheit, dem Drohszenario einer Dunkelflaute, den Ausbaupfaden für erneuerbare Energie und dem Wasserstoffhochlauf aussieht. Angesichts der ideologischen Aufheizung des Themas scheint es hier kaum noch verlässliche Informationen zu geben. Hier muss dringend mehr Sachlichkeit einziehen. Denn die Frage ist ja berechtigt: Wie wird die Energieversorgung und die Versorgungssicherheit, die Klimaverträglichkeit und die Preisgünstigkeit der Versorgung in den nächsten Jahren aussehen? Ist es nicht sinnvoll, Kohlekraftwerke durch hocheffiziente und zur Verbrennung von Wasserstoff geeignete Gaskraftwerke zu ersetzen? Die europäische Taxonomie hat sich sowohl für Kernenergie und Gaskraftwerke als geeignete Maßnahmen für den Klimaschutz entschieden und als nachhaltig eingestuft. U. a. Greenpeace hat hiergegen Klage eingereicht. Das Europäische Gericht muss nun entscheiden, ob hierfür die Kompetenz bestand und ob ein Verstoß gegen das Pariser Klimaschutzabkommen, einem völkerrechtlichen Vertrag, vorliegt.

Aufheizung ist ein Stichwort, das auch im Rahmen der GEG-Novelle eine große Rolle spielt. Diverse Fachorganisationen machen inzwischen hiergegen Front. Das sind die Handwerksorganisationen, Anlagenbauer und auch Interessenverbände der Wohnungswirtschaft. Die Regierungskoalition scheint aber die Kritik an fehlenden Übergangsfristen, missglückten Härtefallregelungen, Verfügbarkeitsfragen und derzeit unüberschaubaren Finanzierungsfragen nicht zu hören. Am 19.4.2023 fällt die Entscheidung im Kabinett. Die große Frage ist, wie die Wärmeversorgung in Gebäuden mit mindestens 65 % Einsatz aus Erneuerbarer Energie ab 1.1.2024 zu erreichen sein wird. Die Möglichkeit hierzu auch Fernwärme einzusetzen ist dabei vielfach nur eine Scheinlösung. Die Leitungen liegen ja nicht verfügbar im Boden. Auch die Möglichkeit zur Wasserstoffverbrennung löst das Problem ggf. erst dann, wenn Wasserstoff auch zu den Häusern transportiert wird. Die oft gehörte Begründung, man müsse jetzt den Ausstieg vollziehen, um dann Mitte des nächsten Jahrzehnts Härten zu verhindern, mutet allerdings eigenartig an. Es stellt sich schon die Frage, ob nicht auch ein gestufter Hochlauf sinnvoll im Blick auf Verfügbarkeit, Kostengünstigkeit (Economics of scale!) und Technologiefortschritt wäre. Während aktuell moderne Gasthermen etwa Kosten zwischen 8.000 bis 15.000 EUR verursachen, werden die Kosten für Wärmepumpen auf mind. 35.000 EUR geschätzt. In vielen Fällen kommen Umbau- und Kosten für Dämmung hinzu, so dass vielfach von Kosten von ca. 50.000 EUR (bis 100.000 EUR) ausgegangen wird (so zB die Wirtschaftsredaktion des Deutschlandfunks). Selbstverständlich werden wir nach der Kabinettsentscheidung in der nächsten Ausgabe hierüber berichten.

Zum weiten Feld der Energiepreisbremsen sei an dieser Stelle nur auf die neueste Anwendungshilfe des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vom 14.4.2023 hingewiesen („Energiepreisbremsen 2023, Fragen und Antworten“). Eine verdienstvolle Arbeit – inzwischen in 7. Auflage! Aber auch das BMWK ist nicht untätig. So hat das Ministerium bereits am 30.3.2023 neue FAQ´s zu „Höchstgrenzen, Selbsterklärungen sowie Boni- und Dividendenverbot nach EPWG und StromPBG“ als Version 5.0 vorgelegt und damit manche Zweifelsfrage erhellt.

Boris Scholtka und Max Baumgart

Herausgeber EnK-Aktuell

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