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Dr. Boris Scholtka/Dr. Max Baumgart: Klebt der Klimaschutz?

Boris Scholtka und Max Baumgart
EnK-Aktuell 2023, 010129   In der vergangenen Woche war in Berlin Klebepause. Aktuell kleben die „Klima-Kleber“ jedoch wieder. Ob das dem Klima hilft? Aktuell bewegen die Öffentlichkeit daneben auch weiterhin die vielfältigen Diskussionen und Berichte zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in unterschiedlicher Sachlichkeit. Die Argumente sind vielfältig ausgetauscht. Wir legen eine Pause ein und wenden uns in dieser Ausgabe anderen Themen zu: Den Reformvorschlägen zur Umsetzung des EuGH-Urteils zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden, dem Industriestrompreis, Fragen der Grundversorgung und der IT-Sicherheit sowie den Schnittpunkten von Windenergie und Vergaberecht.

Auch wenn partiell die Emotionen hochkochen, ist die politische Wirkung der Klima-Kleber doch eher gering. Die Autos stehen nun in Berlin noch öfter im Stau und stoßen Stickstoff und Kohlendioxid in die oftmals romantisierte Berliner Luft aus. Da eine Hauptmagistrale, der Kaiserdamm für voraussichtlich 6 Monate (!) wegen eines Abwasserrohrbruchs gesperrt bleibt, ist der Westteil der Stadt nun häufig im Dauerstau. Ob die Klimakleber nun legitime Langzeitziele mit legalen oder illegalen Mitteln verfolgen, mag dahinstehen. Die Ziele sind von der Politik längst erkannt. Die Behinderung legitimer und legaler Kurzzeitziele anderer und die Inkaufnahme von gesundheitlichen Schäden und Sachschäden durch die Behinderung von Rettungsfahrzeugen oder durch Auffahrunfälle im Stau werden hingegen bewusst in Kauf genommen. Sind die Anhänger der „letzten Generation“ daher „Klima-Terroristen“? Unser Buzzword-Autor Professor Franz-Alois Fischer versucht, etwas Sachlichkeit in die Debatte zu bringen (EnK-Aktuell 2023, 010127).

Ungleich wichtiger ist es, Lösungen für die GEG-Novelle zu finden (hierzu auch pointiert Professor Torsten Körber EnK-Aktuell 2023, 01097). Derzeit gilt es abzuwarten, was die öffentlichen Diskussionen, die Beratungen in den Ländern und die Beratungen im Bundestag bringen werden. Inzwischen scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass ein Ausstieg aus den fossilen Energieträgern nicht nur unvermeidbar, sondern auch geboten ist. Es ist also keine Frage des „Ob“. Die Fragen sind daher, wie und wann erfolgt der Umstieg? Will man den Klimaschutz vorantreiben, wird man nicht bis 2045 warten können. Ein beschleunigter Ausstieg erfordert auch den stärkeren Einsatz von Erneuerbarer Energie im Gebäudesektor. Aus diesem Grund ist zweifellos ein gesicherter und verlässlicher Ordnungsrahmen für den Umstieg erforderlich. Die Politik ist nicht zu beneiden, einerseits den Umstieg voranzubringen und zugleich Kosten und technische Umsetzung für alle handhabbar zu machen. Ob aktuelle Überlegungen aus dem Bundesbauministerium, einerseits den Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energie voranzutreiben und andererseits die kostenintensive Gebäudedämmung etwas entspannter anzugehen, nun die Lösung bringt, bleibt abzuwarten. Beides wird oftmals Hand-in-Hand gehen (müssen). Wir warten ab, was die Diskussionen noch bringen werden und verfolgen das Thema weiter. Den aktuellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur GEG-Novelle nebst Begründung findet man in der Bundesratsdrucksache BR-Drs. 170/23.

Es gibt aber neben diesen die Gemüter besonders bewegenden Themen auch noch anderes:

Die Rechtsanwälte Christoph Fabritius und Robin Klahm (EnK-Aktuell 2023, 010128) stellen den ersten Entwurf einer EnWG-Gesetzesnovelle vor und bewerten den Entwurf kritisch. Dieser dient der Umsetzung des EuGH-Urteils vom 2.9.2021. Der EuGH hatte Deutschland bescheinigt, die nach dem dritten Richtlinienpaket erforderlich Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde nicht richtlinienkonform umgesetzt zu haben und eine Reihe schwer umzusetzender Vorgaben gemacht.

Rechtsanwalt Eric Glattfeld setzt seinen Beitrag zu einem Arbeitspapier des BMWK aus der letzten Ausgabe der EnK- Aktuell (EnK-Aktuell 2023, 010114) fort (EnK-Aktuell 2023, 010118). Angesichts einer Fragerunde im Bundestag zu dem Thema wird in der nächsten Ausgabe noch ein dritter Teil zu diesem schwierigen, wirtschaftlich wie ordnungspolitisch bedeutsamen Thema folgen.

Passend dazu die Erläuterungen von Professor Jochen Mohr anlässlich einer Tagung des von ihm geleiteten enreg in Berlin am 4.5.2023 zur Bedeutung des Wettbewerbs in der Energiekrise. Hierbei betonte er die Rolle des Wettbewerbs als zentrales Ordnungsprinzip der marktwirtschaftlichen Grundordnung. Auch die anderen Referenten und Beiträge waren hochklassig und von aktueller Relevanz in der Energiekriese. Frau Dr. Katharina Wacker vom Bundeskartellamt referierte zur Missbrauchsaufsicht bei den Energiepreisbremsen, Nils Lau legte die Sicht des BDI zur 11. GWB-Novelle dar und Rechtsanwalt Dr. Ulrich Soltész brachte den Zuhörern die neuesten Erkenntnisse aus dem europäischen Beihilferecht nahe (EnK-Aktuell 2023, 010130).

Zur Frage, inwieweit Grundversorger in der Insolvenz privilegiert sind, nimmt Rechtsanwältin Christine Kühn anhand eines Urteils des OLG Frankfurt a. M. Stellung (EnK-Aktuell 2023, 010123). Ihr Fazit ist, dass das Bargeschäftsprivileg häufig scheitern kann und daher ein Schutz gegen Insolvenzanfechtungen für Grundversorger vor allem in einer klaren und gut vorbereiteten Prozessstrategie liegen.

Rechtsanwalt Dr. Clemens Antweiler, einer unserer regelmäßigen Gastautoren, nimmt Stellung zu vergaberechtlichen Fragen bei Windenergieprojekten und adressiert hier Fragen rund um die Stellung der Kommunen. Dabei beleuchtet er u. a. Dauerbrenner, wie die Baukonzession oder die Dienstleistungskonzession und Fragen zur Investorenauswahl (EnK-Aktuell 2023, 010126).

Last but not least bringt uns Rechtsanwalt Dr. Paul Voigt Fragen zur Cybersicherheitsstrategie näher. Gerade auch die Energiekrise hat Fragen der Sicherheit und Verletzbarkeit von IT-Systemen, Netzen und anderer kritischer Infrastrukturen noch einmal deutlich in den Fokus treten lassen. Dazu passt die neue Cybersicherheitsstrategie der EU, die ihren Ausdruck in der am 16.1.2023 in Kraft getretenen NIS2-RL findet (EnK-Aktuell 2023, 010122).

Wie immer wünschen wir Ihnen viele neue Erkenntnisse und Freude an der neuen Ausgabe!

Boris Scholtka und Max Baumgart

     
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