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KI-Einsatz revolutioniert die Geschäftswelt

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

KPMG-Marktkommentar vom 10.6.2024

 

Die kommende Künstliche Intelligenz (KI) erobert die Welt – und insbesondere die Wirtschaft. Doch wie wirkt sich KI auf die Geschäftsprozesse innerhalb eines Unternehmens aus? In einem aktuellen Whitepaper hat die KPMG AG WPG die Zukunft der Finanzfunktion genauer unter die Lupe genommen und herausgefunden, dass die Einsatzmöglichkeiten sogar viel weitreichender sind, als es auf den ersten Blick scheint. Aber, wo genau liegen die Anwendungsfelder? Und wie stärken Finanzunternehmen das Vertrauen in die Technologie – in der Kundschaft ebenso wie in der Belegschaft?


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Aus klassisch wird generativ: Vor gut anderthalb Jahren erlebte die KI (sog. generative Künstliche Intelligenz) mit dem Durchbruch von ChatGPT ihren bisher größten Schub. Die Software von OpenAI hat die klassische zur generativen KI weiterentwickelt. Der Unterschied besteht im Wesentlichen in der Funktionalität und dem Anwendungsbereich: Während KI-Systeme entwickelt wurden, um Daten zu analysieren und darin wiederkehrende, einfache Muster zu erkennen sowie passende Ergebnisse zu prognostizieren, zielt generative KI darauf ab, auf der Basis gelernter Daten und komplexer Muster selbstständig neue Zusammenhänge herzustellen.

Mit den Worten von KMG-Experten kurz gesagt: Generative KI mittels einer Datenbasis ist in der Lage, eigene Inhalte zu erstellen und auf diese Weise gewissermaßen kreativ zu arbeiten. So ermöglicht sie gemäß den Angaben in einem sog. Marktkommentar vom 10.6.2024 (Titel: „Zukunft der Finanzfunktion – Utopien werden Wirklichkeit“) nicht nur die Automatisierung komplexer Aufgaben, die bisher menschliches Urteilsvermögen und auch kognitive (verstandesmäßige) Fähigkeiten erfordert haben. Sie ist auch in der Lage, Erkenntnisse aus der Analyse von Daten abzuleiten und in verständlicher Form aufzubereiten. Anwendungsmöglichkeiten bestehen z.B. bei der Geschäftsbewertung oder dem Erstellen von Berichten. Hochkomplexe Geschäftsszenarien werden in wenigen Minuten entworfen; durch den Zugriff auf unterschiedlich strukturierte Datensätze kann KI selbstständig Geschäftsberichte erstellen. Was bisher ein aufwendiger Abstimmungsprozess war, könnte künftig innerhalb weniger Stunden erreicht werden.

Um das Potenzial zu nutzen, sind die Unternehmen jetzt allerdings gefragt, konkrete Use Cases (Anwendungsfälle) zu kreieren. Nur so lässt sich gemäß der KPMG-Einschätzung (formuliert von Jana Behr, Lea Kölpin und Tom Waldeck von KPMG) der Hype um generative KI aufrechterhalten und aus der faszinierenden Theorie auch in die praktische Arbeit übertragen. Aber welche Anwendungsfelder der Finanzfunktion sind überhaupt geeignet? Wie wird sich die Arbeit von Banken, Versicherern oder Asset Managern durch KI verändern? Und was sollten die Unternehmen bei der Implementierung unbedingt beachten?

 

 

Lösung 1

Unterschieden werden seitens der KPMG-Experten fünf Anwendungsbereiche:

(1) Buchhaltung und Rechnungswesen: Der Automatisierungsrad kann hier mithilfe von KI deutlich erhöht werden. So könnte die klassische KI Rechnungsdaten umfassend automatisch extrahieren, mit Bestell- und Liefernummern abgleichen oder Zahlungseingänge abfragen. Generative KI könnte diese Informationen sogar unstrukturierten Datensätzen wie etwa Freitexten entnehmen und verarbeiten. Zudem können generative Systeme Korrekturen vorschlagen und Mitarbeitende über Abfragesysteme dabei unterstützen, die richtigen Kontierungsentscheidungen zu treffen.

(2) Finanzplanung und -analyse: Wie schon im Bereich Buchhaltung und Rechnungswesen kommt auch hier der Vorteil zum Tragen, dass generative KI aus unstrukturierten Daten die richtigen Schlüsse ziehen kann. Das gilt z.B. für die Auswertung von Finanzberichten oder die Analyse von Investitionen. So kann generative KI bei der Recherche, Interpretation und Aufbereitung sowohl interner als auch externer Daten helfen.

(3) Treasury- und Cash-Management: Hier ist der KI-Einsatz schon allgegenwärtig, weil die KI in Cash-Management- und Liquiditätsplanungstools bereits integriert ist. Dabei kann sie die Genauigkeit von Cashflow-Prognosen erhöhen und Liquiditätsengpässe antizipieren. Auch hilft die Technologie, Betrugsmaschen im Zahlungsverkehr zu erkennen, indem sie Anomalien aufspürt und auffällige Zahlungen identifiziert. Im Bereich Trading ermöglicht es KI, automatisierte Handelssysteme zu steuern: Durch die Optimierung auf Basis aktueller Marktbedingungen wird die Orderausführung effizienter.

(4) Risikomanagement und Compliance: Hier erfordern das Ermitteln und Bewerten von Risiken die Auswertung einer Vielzahl von Informationen. Richtig eingesetzt kann generative KI helfen, Gefahren früher und systematischer zu erkennen, um beispielsweise bessere Vorhersagen über Ausfallraten treffen zu können. Zudem kann KI bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität eine Rolle spielen: Bei Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, bei Betrugsprävention, bei der Einhaltung von Datenschutz und Datensicherheit sowie bei vielen anderen Compliance-Aufgaben – von der Analyse großer Datenbestände und Transaktionen in Echtzeit bis zum Erstellen von Berichten.

(5) Finanzielle Berichterstattung: Auch in diesem fünften Anwendungsfeld trumpft generative KI mit der Fähigkeit auf, aus vorhandenen Informationen neue Inhalte zu generieren. KPMG sieht KI somit als prädestinierten Assistenten dabei, Finanzberichte zu erstellen, anzupassen oder zu überprüfen.

 

 

Praxisempfehlung:

Die KPMG-Experten empfehlen insbesondere den Finanzunternehmen, ihren Angestellten Einsatzmöglichkeiten transparent zu kommunizieren. Deshalb sei es umso wichtiger, sie in die Implementierung von generativen KI-Anwendungen aktiv einzubeziehen. Das erhöhe die Akzeptanz und damit den Erfolg. Allerdings setze dieser Schritt ein Umdenken beim Management voraus. Statt wie bisher die Technologie vom Fachbereich zu trennen, müssen Chief Financial Officer (CFOs) beide Welten miteinander vereinen und sich neben der fachlichen auch intensiv mit der technischen Perspektive auseinandersetzen. Denn diese beiden Felder werden mit zunehmender Digitalisierung immer schwieriger voneinander zu trennen sein.

 

 

Lösung 2

Wer hierzu Zweifel anmeldet und vielleicht eine zu einseitige, zu sehr von Euphorie getragene Sichtweise eines Beratungs- und Prüfungsunternehmens kritisiert, findet in einem anderweitig veröffentlichten ICV-Fachbeitrag von Mike Schulze/Felix Broßmann/Bernd Wallraff erstaunliche Parallelen, da dort insoweit ebenfalls große Chancen für Controlling und Finance gesehen werden. Konkrete Anwendungsfälle werden dort wie in der Tabelle ersichtlich angeführt.

 

 

Identifizierung und Bewertung von Risiken Generative KI-Modelle können große Mengen an Textinformationen verarbeiten und in Bezug auf unterschiedliche Risikokategorien analysieren und bewerten. Sie können Fragen beantworten und personalisierte Empfehlungen geben. Diese Technologie ermöglicht es Finanzexperten, einen besseren Kundenservice anzubieten und die Kommunikation zu optimieren.
 
Finanzanalyse und -prognose Generative KI-Modelle eignen sich hervorragend für die Analyse von finanzbezogenen Daten wie Jahresabschlüssen, Bilanzen und GuV. Sie sind in der Lage, Trends zu erkennen, Ergebnisse vorherzusagen oder detaillierte Finanzanalysen zu erstellen.
 
Betrugserkennung Durch die Analyse historischer Transaktionsdaten können generative KI-Modelle Muster erkennen und potenzielle Anomalien aufzeigen, die auf betrügerische Aktivitäten hindeuten. Durch den Einsatz von KI-gestützter Betrugserkennung können Unternehmen ihre Sicherheitsmaßnahmen verbessern und ihre Vermögenswerte besser schützen.
 
Extraktion von Daten aus Finanzdokumenten Generative KI kann die Extraktion (das Herausziehen) spezifischer Daten aus verschiedenen Finanzdokumenten, wie Rechnungen, Verträge und behördliche Anmeldungen, automatisieren. Diese Automatisierung reduziert den manuellen Aufwand, verbessert die Genauigkeit und beschleunigt die Prozesse, was letztlich die Effizienz in den Controlling- bzw. Finanzbereichen steigert.
 
Erstellung von Finanzberichten Generative KI-Modelle können die Erstellung von Finanzberichten automatisieren und so Zeit und Aufwand für das Controlling sparen. Durch die Verwendung natürlicher Sprachfunktionen können diese Modelle auch kommentierte Berichte erstellen, die eine bessere Entscheidungsfindung ermöglichen.
 

 

 

Praxishinweise:

  • Im Kern der meisten KI-Modelle steht gemäß weiteren KPMG-Hinweisen die Erfassung und der Abgleich von Daten aus unterschiedlichen Quellen. Daher sollte die Implementierung mit einem Prozess beginnen, in dessen Mittelpunkt ein sog. Data-Mapping (das Verknüpfen von Feldern verschiedener Datenbanken) steht. Eine technische Lösung sollte das Ziel verfolgen, Daten aus verschiedenen Beständen miteinander zu matchen (anzupassen) und so Informationen aus unterschiedlichen Quellen und Bereichen in Einklang zu bringen. Die generative KI könnte auf der Grundlage der Datensätze Empfehlungen abgeben.
  • Wichtig ist jedoch – so wird betont –, dass das letzte Wort stets bei den Mitarbeitenden liegt. Aus deren Entscheidungen könnte die KI dann wiederum lernen (zum nach Anmeldung möglichen Download des KPMG-Whitepapers siehe unter https://hub.kpmg.de/de/whitepaper-ki-in-der-finanzfunktion?utm_campaign=FS%20-%20KI%20in%20der%20Finanzfunktion%20-%20Whitepaper&utm_source=presse). Wer dann wirklich das letzte Wort behält, weiß jeder, der schon mal in einem automatisierten Call-Center hängen geblieben ist. Umso wichtiger ist es, die Brückenfunktion zwischen Sendern und Empfängern einer Botschaft (eines Geschäftsberichts z.B.) in den Fokus zu nehmen (siehe den Beitrag des Verfassers über Chancen und Risiken auf dem Weg zu mehr Transparenz im BC-Newsletter vom 6.6.2024). 

 

    Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

     

     

     

    BC 7/2024

    BC20240711

     

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