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Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben: USt-Vorauszahlungen

BC-Redaktion

OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation vom 18.5.2015 (ESt 9/2014)

 

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr geleistet (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG). Danach gilt für Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, die gemäß BFH-Urteil vom 1.8.2007, XI R 48/05, BStBl. II 2008, 282, als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben in diesem Sinne anzusehen sind, Folgendes:

 

 

1. Fälligkeit und Zahlung innerhalb kurzer Zeit

Als kurze Zeit im Sinne des § 11 EStG ist ein Zeitraum bis zu 10 Tagen anzusehen. Innerhalb dieses Zeitraumes müssen die Zahlungen fällig und geleistet worden sein (H 11 „Allgemeines” EStH 2014); beide Voraussetzungen (Fälligkeit und Abfluss) müssen kumulativ vorliegen.

In folgenden Fällen findet § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG daher keine Anwendung, weil nur die Zahlung innerhalb kurzer Zeit nach Ende des Kalenderjahres erfolgt ist, der Fälligkeitszeitpunkt aber außerhalb des Zeitraums liegt:

  • Umsatzsteuer Dezember 2012, Fälligkeit 10.2.2013, Zahlung 7.1.2013;
  • Umsatzsteuer III. Quartal 2012, Fälligkeit 10.11.2012, Zahlung 7.1.2013.

 

 

2. Keine Verlängerung des 10-Tages-Zeitraums

Der 10-Tages-Zeitraum kann auch in besonderen Einzelfällen nicht erweitert werden (BFH vom 6.11.2002, X B 30/02, BFH/NV 2003, 169). Die Ausnahmeregelung vom Abflussprinzip ist deshalb nicht anwendbar, wenn sich die Fälligkeit der Umsatzsteuer-Vorauszahlung nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf einen Zeitpunkt nach dem 10. Januar verschiebt (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG, § 108 Abs. 3 AO).

Dies war zuletzt bei am Samstag, dem 10.1.2009, am Sonntag, dem 10.1.2010, und am Samstag, dem 10.1.2015, fälligen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen der Fall.

Der BFH hat inzwischen aufgrund der gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24.2.2012, 3 K 468/11, eingelegten Revision mit Urteil vom 11.11.2014, VIII R 34/12, BStBl. II 2015, 285, die Rechtsauffassung bestätigt, dass in diesen Fällen eine Berücksichtigung der Umsatzsteuerzahlung im Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht zulässig ist. Die bisher im Hinblick auf das Revisionsverfahren ruhenden Einsprüche können ab sofort entsprechend den Entscheidungsgrundsätzen des BFH-Urteils erledigt werden.

In diesem Zusammenhang wird aus gegebener Veranlassung ergänzend auf Folgendes hingewiesen:

 

 

3. Besonderheiten beim Lastschrifteinzug, bei Überweisungen und Scheckzahlung

Bei Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung ist der Abfluss im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG unabhängig von einer späteren tatsächlichen Inanspruchnahme durch das Finanzamt und einer Widerrufsmöglichkeit des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Fälligkeit der Umsatzsteuer-Vorauszahlung anzunehmen, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist. Der Steuerpflichtige hat zu diesem Zeitpunkt von sich aus durch Erteilung der Lastschrifteinzugsgenehmigung und Abgabe der entsprechenden Umsatzsteuer-Voranmeldung alles Erforderliche getan, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Auf den tatsächlichen Erfüllungszeitpunkt kommt es dabei nicht an. Daher ist die Zahllast einer am 10. Januar fälligen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG), aber später eingezogenen Umsatzsteuer-Vorauszahlung regelmäßig im vorangegangenen Kalenderjahr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 11.5.2015, 11 K 397/15 E, bestätigt.

Wegen des Abflusszeitpunkts bei Scheckzahlung bzw. bei Überweisung vom laufenden Konto des Steuerpflichtigen Hinweis auf H 11 „Scheck“ EStH 2014 bzw. H 11 „Überweisung“ EStH 2014 und ESt-Kartei NW § 11 EStG, Nr. 2000.

 

 

4. Änderung bestandskräftiger Bescheide

Wegen der Frage der Änderung/Berichtigung bestandskräftiger Steuerbescheide in Fällen, in denen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen bei der Ermittlung der Einkünfte des Jahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu Unrecht nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt worden sind, Hinweis auf die Kurzinformation Verfahrensrecht 3/2015 vom 12.5.2015.

 

 

Praxis-Info!

Eine für das vorangegangene Kalenderjahr geschuldete und zu Beginn des Folgejahres entrichtete Umsatzsteuer-Vorauszahlung (am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums) ist als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im vorangegangenen Veranlagungszeitraum abziehbar. Derartige Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind Betriebsausgaben (und nicht nur durchlaufende Posten!), die wirtschaftlich zum abgelaufenen Kalenderjahr gehören.

 

 

Praxishinweis:

Die Vorsteuer-Erstattungen für das 4. Quartal eines Kalenderjahres werden regelmäßig erst nach Ablauf von 10 Tagen im nachfolgenden Jahr ausbezahlt, da das Finanzamt diese (gemäß § 168 Satz 2 AO) einer Prüfung zu unterziehen hat. Diese Betriebseinnahme wird somit – im Unterschied zu den Umsatzsteuer-Vorauszahlungen – nicht im vorangegangenen Kalenderjahr erfasst.

 

 

Die Kenntnis des zutreffenden Zahlungszeitpunkts ist für Rechnungswesenpraktiker gerade auch im Debitoren- oder Kreditorenmanagement entscheidend (u.a. hinsichtlich des Mahnwesens, der Berechnung von Verzugstagen und Verzugszinsen, der Einhaltung der Skontofristen usw.).

Nach deutschem Recht ist der Leistungsort auch für die Geldschuld – mangels anderslautender Vereinbarungen – beim Schuldner (§ 269 Abs. 1 BGB i.V.m. § 270 Abs. 4 BGB). Nach der bislang herrschenden Meinung kommt es (mit Blick auf diese Gesetzesregelung) bei Geldschulden für die Rechtzeitigkeit auf die Vornahme der Leistungshandlung am Sitz des Schuldners an. Im Klartext: Der Schuldner muss lediglich dafür sorgen, das Geld vor Fristablauf auf den Weg zu bringen (und eine ausreichende Deckung auf seinem Bankkonto sicherstellen). Folglich kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Gutschrift (Wertstellung) beim Gläubiger an. Folge:

  • Ein Überweisungsauftrag muss somit beim Geldinstitut (Bank) bei vorhandener Kontodeckung vor Fristablauf eingehen – nicht erforderlich ist die Abbuchung des überwiesenen Betrags vom Schuldnerkonto, erst recht nicht die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto.
  • Bei Zahlung mittels eines gedeckten Schecks genügt die rechtzeitige Absendung an den Gläubiger vor Fristablauf (z.B. „Einwurf in den Post-Briefkasten“, „Übergabe an den Kurier“, „Einwurf in den Briefkasten des Zahlungsempfängers“); siehe hierzu auch H 11 „Scheck“ EStH. Einer etwaigen rechtlichen Möglichkeit des Schuldners, eine Sperrung oder einen Widerruf des Schecks zu bewirken, hat der BFH dabei keine Bedeutung beigemessen (vgl. BFH-Urteil vom 8.11.1968, VI R 81/67, BStBl. II 1969, 76).

 

 

Achtung!

Laut der EuGH-Rechtsprechung (EuGH-Entscheidung vom 3.4.2008, C 306/06) ist für die Frage der Rechtzeitigkeit einer Banküberweisung der Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Gläubigerkonto maßgebend. Begründung: Bei einer durch Banküberweisung abgewickelten Zahlung versetzt lediglich die Gutschrift des geschuldeten Betrags auf dem Konto des Gläubigers (= Wertstellung) diesen in die Lage, über den betreffenden Betrag zu verfügen (vgl. ausführlich mit Anwendungsbeispielen Kaiser, BC 2008, 257 ff., Heft 10).

 

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 6/2015

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