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Umsatzsteuer
   

Umsatzsteuer-Vorauszahlung: Fälligkeitszeitpunkt für den Betriebsausgabenabzug beim Lastschriftverfahren

BC-Redaktion

FG Köln, Urteil vom 9.11.2017, 11 K 188/17

 

Eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung gilt im Falle einer erteilten Lastschrifteinzugsermächtigung bei fristgerechter Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit als abgeflossen, soweit das betroffene Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist. Eine tatsächlich spätere Inanspruchnahme durch das Finanzamt ist ebenso unbeachtlich wie die Möglichkeit des Steuerpflichtigen, den Lastschrifteinzug im Anschluss an die Abbuchung zu widerrufen.


Praxis-Info!

 

Problemstellung

Aufgrund eines Lastschriftmandats wurde durch das Finanzamt die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Kalendermonat November 2013am 17.1.2014 vom Konto eines Unternehmers abgebucht. Die Vorauszahlung war aufgrund einer nach § 46 UStDV gewährten Fristverlängerung am 10.1.2014 (Freitag) fällig. Das Girokonto des Unternehmers wies zum Fälligkeitszeitpunkt der Vorauszahlung eine ausreichende Deckung auf. Der Unternehmer berücksichtigte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für November 2013 in seiner Gewinnermittlung für 2014 als Betriebsausgabe.

Nach Auffassung des Finanzamts ist jedoch die Vorauszahlung bereits im Jahr 2013 und nicht erst in 2014 zu berücksichtigen (Hinweis auf § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG). Für den Zeitpunkt der Leistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sei die Leistungshandlung entscheidend. Die Leistungshandlung sei abgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige von sich aus alles Erforderliche getan habe, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Der Steuerpflichtige habe durch die Erteilung einer Einzugsermächtigung den Zahlungsvorgang vorab autorisiert und stelle den Einzug – wie im vorliegenden Fall – bereits dadurch sicher, dass er für eine ausreichende Deckung auf seinem Konto sorge.

 

 

Praxishinweis:

Umsatzsteuer-Vorauszahlungen werden in dem Kalenderjahr als Betriebsausgabe oder Werbungskosten erfasst, in dem sie entstanden sind, sofern sie innerhalb von 10 Tagen nach Beendigung dieses Kalenderjahres entrichtet wurden. Diese Grundsätze gelten für Umsatzsteuererstattungen entsprechend.

 

 

 

Nach Auffassung des Unternehmers sei nicht zutreffend, dass die Zahlung aufgrund des erteilten Lastschriftmandates bereits am Fälligkeitstag (10.1.2014) und damit innerhalb der sog. „Zehn-Tage-Regel“ (des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG) geleistet sei. Begründung: Die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen benutze seit einigen Jahren eine Software zum Einzug von fälligen Steuerschulden, die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen frühestens einen Tag nach dem gesetzlichen Fälligkeitstag einzieht. Von daher sei der pünktliche Einzug am Fälligkeitstag technisch gar nicht möglich.

Die wirtschaftliche Verfügungsmacht würde nur dann bereits am Fälligkeitstag auf den Gläubiger übergehen, wenn das Finanzamt frei über die Durchführung der Einzugsermächtigung verfügen kann. Dies sei aufgrund der von der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen bewusst programmierten und eingesetzten Software jedoch nicht der Fall.

 

 

Lösung

Das Finanzamt hat die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für November 2013 zu Recht nicht als Betriebsausgabe im Jahr 2014 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Unternehmers berücksichtigt.

Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben regelmäßig in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Für bestimmte Fallgestaltungen sieht § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ausnahmsweise eine periodengerechte Berücksichtigung der Ausgaben vor. Hiernach gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die beim Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr angefallen. Als „kurze Zeit“ gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für November 2013 ist kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres abgeflossen. Die tatsächliche Belastung auf dem Konto des Unternehmers erfolgte zwar unstreitig außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums. Die tatsächliche Kontobelastung ist aber – entgegen der Auffassung des Unternehmers – für den Abfluss im Sinne des § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG nicht entscheidend.

Bei einer Zahlung im Lastschriftverfahren liegt ein Abfluss somit bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige durch die Erteilung der Einzugsermächtigung und eine ausreichende Deckung seines Girokontos alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Zahlung der Steuerschuld zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu gewährleisten. Wann der Leistungserfolg eintritt, ist unerheblich. Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner im Einzugsermächtigungslastschriftverfahren der Belastung seines Kontos innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen kann.

An dieser Beurteilung ändert auch die programmtechnische Ausgestaltung des Lastschrifteinzugsverfahrens beim Finanzamt bzw. der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens nichts, nach der ein Einzug des Geldbetrags bei einer erteilten Einzugsermächtigung erst frühestens einen Tag nach dem Fälligkeitstag vorgenommen wird. Der Gläubiger, das Finanzamt, erlangt auf Grundlage der erteilten Einzugsermächtigung und ausreichender Deckung des Schuldnerkontos – unabhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen Durchführung des Lastschrifteinzugs – bereits am Fälligkeitstag die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den ausstehenden Geldbetrag. Im Übrigen besteht für das Finanzamt – trotz der programmtechnischen Gestaltung des Einzugsverfahrens – z.B. im Wege einer manuellen (Konto)Bearbeitung die Möglichkeit, den Zahlbetrag bereits zum Fälligkeitszeitpunkt einzuziehen.

 

 

Praxishinweise:

Vorsteuer-Erstattungen für das 4. Quartal eines Kalenderjahres werden hingegen regelmäßig erst nach Ablauf von 10 Tagen im nachfolgenden Jahr ausbezahlt, da das Finanzamt diese (gemäß § 168 Satz 2 AO) einer Prüfung zu unterziehen hat. Diese Betriebseinnahme wird somit – im Unterschied zu den Umsatzsteuer-Vorauszahlungen – nicht im vorangegangenen Kalenderjahr erfasst.

In diesem Zusammenhang ist auf die Kenntnis des zutreffenden Zahlungszeitpunkts hinzuweisen, die für Rechnungswesenpraktiker gerade auch im Debitoren- oder Kreditorenmanagement bedeutsam ist (u.a. hinsichtlich des Mahnwesens, der Berechnung von Verzugstagen und Verzugszinsen, der Einhaltung der Skontofristen usw.).

Nach deutschem Recht ist der Leistungsort auch für die Geldschuld – mangels anderslautender Vereinbarungen – beim Schuldner (§ 269 Abs. 1 BGB i.V.m. § 270 Abs. 4 BGB). Nach der bislang herrschenden Meinung ergibt sich aus dieser Gesetzesregelung: Bei Geldschulden kommt es für die Rechtzeitigkeit auf die Vornahme der Leistungshandlung am Sitz des Schuldners an. Im Klartext: Der Schuldner muss lediglich dafür sorgen, das Geld vor Fristablauf auf den Weg zu bringen (und eine ausreichende Deckung auf seinem Bankkonto sicherstellen). Folglich kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Gutschrift (Wertstellung) beim Gläubiger an. Folge:

  • Ein Überweisungsauftrag muss somit beim Geldinstitut (Bank) bei vorhandener Kontodeckung vor Fristablauf eingehen – nicht erforderlich ist die Abbuchung des überwiesenen Betrags vom Schuldnerkonto, erst recht nicht die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto.
  • Bei Zahlung mittels eines gedeckten Schecks genügt die rechtzeitige Absendung an den Gläubiger vor Fristablauf (z.B. „Einwurf in den Post-Briefkasten“, „Übergabe an den Kurier“).

 

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 4/2018

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