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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Unterzeichnung des Jahresabschlusses mittels qualifiziert elektronischer Signatur

Kevin Kuß

 

Coronabedingt hat sich die Entwicklung hin zu einer digitalisierten Arbeitswelt rasant beschleunigt. Betroffen sind auch Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Aufstellung eines Jahresabschlusses, welche bei immer mehr Unternehmen überwiegend oder sogar vollständig aus dem Home-Office durchgeführt werden. Fraglich ist, ob die eigentlich vorgeschriebene handschriftliche Unterzeichnung des Jahresabschlusses durch eine ausschließlich elektronische Signatur ersetzt werden kann.


 

 

Praxis-Info!

 

Hintergrund

§ 245 HGB regelt die Verpflichtung des Kaufmanns, den Jahresabschluss unter Angabe des Datums zu unterzeichnen. Bei einem Einzelunternehmen erfolgt die Unterzeichnung durch den Einzelkaufmann, bei Personengesellschaften durch die persönlich haftenden Gesellschafter und bei Kapitalgesellschaften durch alle Mitglieder der Geschäftsführung (GmbH) bzw. alle Vorstandsmitglieder (AG).

Die unterzeichnenden Personen dokumentieren anhand ihrer Unterschrift, dass sie die Verantwortung für die Vollständigkeit und Korrektheit des Jahresabschlusses übernehmen. Zwar sind Jahresabschlüsse grundsätzlich eigenhändig und höchstpersönlich zu unterzeichnen, weshalb ein bloßes Ersetzen der handschriftlichen Signatur durch eine elektronische Kopie oder drucktechnische Wiedergabe der Originalunterschrift als nicht zulässig ausscheidet. Als formwahrendes Substitut (Ersatz) einer Originalunterschrift kann – zumal in Corona-Zeiten mit Abstandsgeboten, virtuellen Zusammenkünften und mit der Verlagerung vieler Tätigkeiten in das Home-Office – jedoch möglicherweise eine qualifiziert elektronische Signatur in Betracht kommen.

 

 

Lösung

Die Zulässigkeit der digitalen Signatur ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Zum jetzigen Zeitpunkt existieren insoweit keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen. Die diesbezüglichen handelsrechtlichen Kommentierungen sind zudem überschaubar und uneinheitlich. Bemerkenswert ist aber, dass die qualifiziert elektronische Signatur in vergleichbaren Anwendungsbereichen bereits als Substitut einer handschriftlichen Signatur zum Einsatz kommt.

So erachtet das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) sowohl die Erteilung von Bestätigungsvermerken als auch die Ausfertigung von Prüfungsberichten durch einen Abschlussprüfer mittels qualifiziert elektronischer Signatur für zulässig. Und auch die qualifiziert elektronische Unterzeichnung der Vollständigkeitserklärung durch den Abschlussersteller wird vom IDW als gleichwertig eingestuft. Ebenso vertritt der Arbeitskreis Rechnungslegung der Steuerberaterkammer Südbaden die Auffassung, dass originär digitale Dokumente qualifiziert elektronisch signiert werden können.

Dennoch verbleibt für Abschlussersteller aktuell eine Rechtsunsicherheit bei ausschließlicher Unterzeichnung des Jahresabschlusses mittels qualifiziert elektronischer Signatur. Da die Feststellung des Jahresabschlusses von der Unterschrift unabhängig ist, droht zwar keine Nichtigkeit; es könnte jedoch ein Ordnungswidrigkeitstatbestand festgestellt werden.

 

 

 

Praxishinweise:

  • Bei einer qualifiziert elektronischen Signatur handelt es sich um eine digitale Signatur, die einer handschriftlichen Signatur gleichgestellt ist und somit im Rechtsverkehr zum Einsatz kommt. Hierfür geben bestimmte Vertrauensdienstanbieter ein qualifiziertes Zertifikat aus und verknüpfen dieses elektronisch mit dem zu unterzeichnenden Dokument. Dadurch kann die unterzeichnende natürliche Person eindeutig identifiziert werden.
  • Zu beachten ist außerdem die Aufbewahrungspflicht des § 257 Abs. 3 HGB, die den Abschlussersteller dazu verpflichtet, den Jahresabschluss in Papierform aufzubewahren und folglich handschriftlich zu signieren, auch wenn dieser digital aufgestellt und unterzeichnet wurde. Wünschenswert ist, dass der Gesetzgeber die derzeitigen Vorgaben hinsichtlich der Unterzeichnung des Abschlusses sowie der Aufbewahrungspflichten klarstellt bzw. überdenkt.

 

 

WP/StB Kevin Kuß, PKF WULF WÖßNER WEIS GmbH & Co. KG, Freudenstadt/Bondorf

BC 2/2022 

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