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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung: Klärungsfragen

Uwe Jüttner

BMF-Schreiben vom 22.2.2022, IV C 3 – S 2190/21/10002 :025; DOK 2022/0186479

 

Das Bundesfinanzministerium hat in einem Anwendungsschreiben einige Praxisfragen zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer für Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) sowie Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung aufgegriffen.


 

 

Praxis-Info!

Mit Schreiben vom 26.2.2021 (IV C 3 – S 2190/21/10002 :013, BStBl. I 2021, 298) hat das Bundesfinanzministerium rückwirkend zum 1.1.2021 die Möglichkeiten der Abschreibung bestimmter digitaler Wirtschaftsgüter deutlich verkürzt. Wir berichteten hierüber ausführlich, siehe Jüttner, BC 2021, 180 ff., Heft 4. Aus dem Inhalt dieses Schreibens ergaben sich einige offene Fragen, die bislang vom BMF nicht beantwortet wurden. Auch das IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer) nutzte die Gelegenheit, im Rahmen der Verbandsanhörung zum Referentenentwurf zum 4. Corona-Steuerhilfegesetz am 7.2.2022 eine Klarstellung anzuregen, wie die weiterhin offenen Anwendungs- und Abgrenzungsfragen zum BMF-Schreiben vom 26.2.2021 zur Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung zeitnah geklärt würden.

Nun hat das Bundesfinanzministerium mit seinem Schreiben vom 22.2.2022 (IV C 3 – S 2190/21/10002 :025) reagiert und einige Zweifelsfragen beseitigt. Es wurden die folgenden Nummern 1.1 bis 1.4 neu eingefügt (Originalfassung kursiv gekennzeichnet):

1.1  Die betroffenen Wirtschaftsgüter unterliegen auch weiterhin § 7 Absatz 1 EStG. Die Möglichkeit, eine kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen, stellt
- keine besondere Form der Abschreibung,
- keine neue Abschreibungsmethode und
- keine Sofortabschreibung dar.
Die Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer stellt zudem auch kein Wahlrecht im Sinne des § 5 Absatz 1 EStG dar.

1.2  Auch bei einer grundsätzlich anzunehmenden Nutzungsdauer von einem Jahr gilt, dass
- die Abschreibung im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung, mithin bei Fertigstellung, beginnt,
- die Wirtschaftsgüter in das nach R 5.4 EStR 2012 zu führende Bestandsverzeichnis aufzunehmen sind,
- der Steuerpflichtige von dieser Annahme auch abweichen kann,
- die Anwendung anderer Abschreibungsmethoden grundsätzlich möglich ist.

1.3  Die Regelung findet gemäß § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 Satz 1 EStG auch für Überschusseinkünfte Anwendung.

1.4  Es wird nicht beanstandet, wenn abweichend zu § 7 Absatz 1 Satz 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird.

 

 

Zu 1.1 Fortbestand bestehender Abschreibungsregelungen

Klargestellt wird, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter weiterhin der linearen Abschreibung nach § 7 Abs. 1 EStG unterliegen (zur Zulässigkeit anderer Abschreibungsmethoden siehe 1.2). Hervorgehoben wird dabei, dass die Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern, die vor 2021 angeschafft oder hergestellt wurden, nicht mehr 3 bis 8 Jahre, sondern nur noch ein Jahr beträgt. Dies soll keine besondere Form der Abschreibung, keine neue Abschreibungsmethode und auch keine Sofortabschreibung darstellen.

Weiterhin wird ausgeführt, dass bei Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer kein steuerliches Wahlrecht im Sinne von § 5 Abs. 1 EStG gegeben ist. Daraus folgt: Die betroffenen Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der Steuerbilanz ausgewiesen werden, müssen in diesem Fall auch nicht in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen werden.

 

 

Zu 1.2 Vorgaben zur Anwendung der verkürzten Nutzungsdauer bei digitalen Wirtschaftsgütern

Wichtig ist auch die Information, dass die Wirtschaftsgüter in das nach EStR 5.4 2012 zu führende Bestandsverzeichnis (des beweglichen Anlagevermögens) aufgenommen werden müssen. Dies klärt verneinend die Frage, ob die Wirtschaftsgüter auch sofort in den Aufwand gebucht werden können. Dies hatte bislang sogar das IDW unterstellt, da eine Nutzungsdauer von nur einem Jahr vorgegeben und damit der Charakter des Anlagevermögens nach § 247 Abs. 2 HGB („dauernd dem Geschäftsbetrieb … dienen“) infrage gestellt wurde.

Der Steuerpflichtige kann von der Annahme, dass die grundsätzliche Nutzungsdauer von einem Jahr gilt, abweichen. Dieser Satz öffnet nun den Steuerpflichtigen Tür und Tor für andere, zumeist natürlich längere Nutzungsdauern. Eine Nutzungsdauer von nur einem Jahr wird bei den meisten betroffenen Wirtschaftsgütern für gewöhnlich unrealistisch und viel zu kurz sein. Bedenkt man, dass in Deutschland ein Großteil der Unternehmen ein ERP-System heute schon freiwillig über 8 bis 12 Jahre abschreibt und tatsächlich sogar noch viel länger nutzt, dann ist eine Abschreibung über nur ein Jahr weit entfernt von jeglicher Realität.

Eine andere als die lineare Abschreibungsmethode wird zwar grundsätzlich eingeräumt, ist aber in den meisten Fällen wenig zweckmäßig, da immaterielle Wirtschaftsgüter (Software) immer linear abgeschrieben werden müssen und Hardware sowieso eine kurze Nutzungsdauer hat.

 

 

Zu 1.4 Keine Anwendung der Pro-rata-temporis-Regelung

Die digitalen Wirtschaftsgüter müssen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung nicht zeitanteilig abgeschrieben werden. Das bedeutet: Die Wirtschaftsgüter können entweder im Monat der Fertigstellung sofort in voller Höhe abgeschrieben werden, oder es erfolgt eine Restverteilung auf die im laufenden Geschäftsjahr noch verbleibenden Monate. Es ist jedoch nicht erforderlich, eine zwölfmonatige Abschreibung auf zwei Geschäftsjahre zu verteilen – beispielsweise bei Anschaffung im April 2022: zunächst 9 Monate im Geschäftsjahr 2022 und dann noch 3 Monate im Geschäftsjahr 2023.

Im Weiteren wiederholt das BMF-Schreiben unter anderem die Begriffsbestimmung von „Computerhardware“. Diese umfasst:

  • Computer: Wiederum nicht ausdrücklich erwähnt wird, ob hierunter auch Server subsummiert werden, die weder einen Großrechner noch einen PC darstellen.
  • Desktop-Computer
  • Notebook-Computer (Tablet-, Slate-Computer, mobile Thin-Clients)
  • Desktop-Thin-Clients
  • Workstations
  • Mobile Workstations
  • Small-Scale-Server (externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte)
  • Dockingstations
  • Externe Netzteile sowie
  • Peripherie-Geräte: Unter diesen Peripheriegeräten sind alle Geräte, die nach dem EVA-Prinzip (Eingabe – Verarbeitung – Ausgabe) zur Ein- und Ausgabe von Daten genutzt werden, zu verstehen.

Für welche digitalen Wirtschaftsgüter die bisherigen Regelungen für geringwertige und langlebige Wirtschaftsgüter sowie deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauern weiterhin gelten (z.B. aktive Netzwerkkomponenten wie Switches, Hubs, Router, Catalyst), wird beispielhaft im Beitrag von Jüttner, BC 2021, 184 (Heft 4) dargestellt.

Mit dem geänderten BMF-Schreiben ist man nun einen Schritt weiter, hat aber bei Weitem noch nicht alle Fragen abschließend geklärt.

 

Uwe Jüttner, war von 1981 bis 2009 in der Anlagenbuchhaltung eines großen Maschinenbau-Unternehmens tätig, u.a. als Leiter des Shared Service Centers – Assets Accounting; seit 2009 ist er Präsident der EMAA – European Management Accountants Association e.V. und als Berater und Dozent selbstständig tätig (weitere Informationen finden Sie unter www.anlagenbuchhalter.com)

 

 

BC 3/2022

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