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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Genussrechtskapital: Steuerbilanzielle Behandlung

BC-Redaktion

Entwurf eines BMF-Schreibens vom 9.11.2022, IV C 6 – S 2133/19/10004 :002

 

Gegenstand dieses Schreibens ist die steuerbilanzielle Zuordnung von Kapital, das in erster Linie eine Kapitalgesellschaft durch die Einräumung von Genussrechten erhält.

 

Praxis-Info!

Das Genussrecht ist gesetzlich nicht speziell geregelt. Insbesondere existieren keine handelsrechtlichen Vorschriften, die das Genussrecht ausdrücklich definieren. Ein Genussrecht ist die Gewährung eines Vermögensrechts durch ein Unternehmen an einen Nichtgesellschafter. Die Einräumung eines Vermögensrechts erfolgt in der Regel gegen die Leistung von Geld.

Im Unterschied zur stillen Gesellschaft besteht zwischen dem Unternehmer und der Genussrechtsinhaberin bzw. dem Genussrechtsinhaber keine gesellschaftsrechtliche Bindung (keine Gesellschafterstellung). Deshalb erwirbt der Genussrechtsnehmer auch keine entsprechenden Kontroll-, Verwaltungs- oder Mitspracherechte. Er überlässt dem Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum Kapital und wird dadurch zu dessen Gläubiger.

Als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung erhält der Genussrechtsinhaber das Genussrecht. Üblich ist ein Genussrecht in Form eines Rechts auf Beteiligung am Gewinn. Dabei kann vereinbart werden, dass der Begünstigte nicht nur am jährlichen Gewinn, sondern auch am Verlust des Unternehmens beteiligt ist. Durch eine solche Vereinbarung bekommt das Genussrecht einen unternehmerischen Charakter. Der Genussrechtsnehmer trägt das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens mit. Zum Ausgleich dieses Risikos werden solche Genussrechte in der Regel höher verzinst als Darlehen.

Für gewöhnlich wird neben der gewinnabhängigen Verzinsung ein Festzins vereinbart. Ferner besteht für das Unternehmen die Verpflichtung, dem Genussrechtsnehmer zum Ende des Überlassungszeitraums bzw. nach fristgemäßer Kündigung das Kapital zurückzuzahlen. Eine Beteiligung am Liquidationserlös des Unternehmens ist möglich, aber unüblich.

 

 

Genussrechtskapital als Fremd- oder Eigenkapital

Ebenso wenig wie Genussrechte durch handelsrechtliche Vorschriften definiert werden, fehlen spezielle Vorschriften zu deren Bilanzierung. Ohne besondere Abreden ist Genussrechtskapital zunächst als eine Schuld zu qualifizieren. Genussrechtskapital stellt deshalb in der Regel gewinnbeteiligtes Fremdkapital dar. Von daher führt Genussrechtskapital – ohne spezielle Abreden – zu einer Erhöhung der Verbindlichkeiten und verringert damit die Eigenkapitalquote.

Entscheidendes steuerbilanzielles Abgrenzungskriterium für das Vorliegen von Fremdkapital ist in der Regel eine bestehende Rückzahlungsverpflichtung (Kapitalüberlassung auf Zeit = Fremdkapital).

 

 

Bilanzierungshinweis:

Für die steuerbilanzielle Zuordnung der Kapitalzuführung ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das zugeführte Kapital dauerhaft in das Vermögen der empfangenden Kapitalgesellschaft übergehen soll und eine Rückzahlung nicht beabsichtigt ist (Zuführung von Eigenkapital).

 

 

Der Ausweis des Genussrechtskapitals kann in der Handelsbilanz als gesonderter Posten unter den Verbindlichkeiten als „Genusskapital” erfolgen (vgl. § 266 Abs. 3 HGB). Nur unter nachfolgenden zusätzlichen Voraussetzungen, die der IDW HFA (HFA 1/1994) aufgestellt hat, kommt ein Ansatz als Eigenkapital in Betracht:

  • Nachrangigkeit: Ein Rückzahlungsanspruch des Genussrechtsinhabers darf im Liquidations- oder Insolvenzfall erst nach der Befriedigung aller weiteren Gläubiger geltend gemacht werden.
  • Verlustteilnahme: Das Genussrechtskapital muss am Verlust bis zur vollen Höhe teilnehmen.
  • Erfolgsabhängigkeit: Eine Vergütung für die Kapitalüberlassung muss unter der Bedingung stehen, dass sie nur aus Eigenkapitalbestandteilen geleistet werden darf, die nicht besonders gegen Ausschüttungen geschützt sind.
  • Langfristigkeit: Das Genussrechtskapital muss für einen längerfristigen Zeitraum überlassen werden, in dem die Rückzahlung/Rückforderung für beide Seiten ausgeschlossen ist. Eine nähere Spezifizierung des Zeitraums nennt der HFA 1/1994 nicht.

Die handelsbilanzielle Einordnung als Eigenkapital nach den genannten Kriterien schließt eine Kapitalüberlassung auf Zeit und damit steuerrechtliches Fremdkapital nicht aus.

Auch bei einer Kapitalgewährung in der Krise ist davon auszugehen, dass Genussrechtskapital steuerbilanziell als Fremdkapital zu qualifizieren ist.

Eine Gewährung von Eigenkapital kann als Ausnahmefall jedoch steuerbilanziell beispielsweise dann vorliegen, wenn das vom Anteilseigner in der Krise gewährte Genussrechtskapital aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Vermögen der Kapitalgesellschaft wirtschaftlich vergleichbar ist. Dies kann bei einem Anteilseigner dann der Fall sein, wenn die Rückzahlungsmodalitäten der Kapitalüberlassung auf Grundlage der von den Beteiligten getroffenen Genussrechtsvereinbarungen im Wesentlichen denselben Voraussetzungen unterliegen wie die Rückzahlung von Eigenkapital. In diesen Fällen liegt bereits im Zeitpunkt der Gewährung des Genussrechtskapitals eine verdeckte Einlage vor. Merkmale hierfür sind:

  • Kapitalüberlassung im zeitlichen Zusammenhang mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens,
  • geringe laufende Gewinne gegenüber hohen Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft sowie
  • Verzicht des Kapitalgebers auf Sicherheiten für das Darlehen.

Die Einräumung zusätzlicher Wandlungs- oder Optionsrechte allein spricht nicht gegen die Einordnung als Fremdkapital. Die steuerrechtliche Qualifikation in Eigenkapital ändert sich erst mit der Ausübung des Wandlungs- oder Optionsrechts. Insbesondere in den Fällen, in denen die Modalitäten des Wandlungs- oder Optionsrechts aber so ausgestaltet sind, dass ein wirtschaftlicher Zwang zum Erwerb von Gesellschaftsrechten besteht, ist bereits im Zeitpunkt der Gewährung zu prüfen, ob eine Zuführung von Eigenkapital vorliegt und damit mangels Qualifikation als Fremdkapital keine Verbindlichkeit passiviert werden darf.

Generell gilt: Im Ausnahmefall ist eine Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht (mehr) zu passivieren, wenn sie keine wirtschaftliche Belastung am Bilanzstichtag darstellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit einer Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) zu rechnen ist (BFH Urt. v. 22.11.1988 – VIII R 62/85, BStBl. II 1989, 359).

 

 

Bilanzierungshinweis:

Die darlehensbezogene Bilanzierungsfrage beim Verpflichteten ist von der rechtlichen Qualifizierung beim Berechtigten (dem Gläubiger) unabhängig. Eine sog. Korrespondenzsituation liegt nicht vor.

 

 

Gemäß § 5 Abs. 2a EStG darf daher eine Genussrechtsverbindlichkeit, die nur aus künftigen Gewinnen erfüllt werden muss, mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung am Bilanzstichtag nicht in der Steuerbilanz ausgewiesen werden. Das gilt gleichermaßen, wenn die Genussrechtsverbindlichkeit überdies aus einem eventuellen Liquidationsüberschuss zu bedienen ist.

 

 

Zahlungen auf Genussrechtskapital bei der Einkommensermittlung

Handelt es sich bei der Überlassung von Genussrechtskapital um eine Überlassung von Fremdkapital, sind gezahlte Vergütungen auf das Genussrechtskapital – unabhängig vom Vorliegen eines Passivierungsverbots – Betriebsausgaben (im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 4 EStG).

In folgenden Fällen mindern die Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte nicht das Einkommen der Kapitalgesellschaft (§ 8 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 KStG):

  • bei einem Recht auf Beteiligung am Gewinn (Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg, z.B. Jahresüberschuss, EBIT – Earnings Before Interests and Taxes = Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Bemessung nach der Dividendenausschüttung); eine Beteiligung an Verlusten der Kapitalgesellschaft ist nicht erforderlich;
  • bei einer Beteiligung am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft (insbesondere Beteiligung an den stillen Reserven, unbefristetes und unkündbares Genussrecht).

[Anm. d. Red.]

 

 

 

 

BC 12/2022

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