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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Länderrisiken im Jahresabschluss 2011: Wertberichtigung

Christian Thurow

BMF-Mitteilung vom 23.11.2011

 

Gerade exportierende Unternehmen stehen bei der Bewertung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Rahmen der Jahresabschlusserstellung vor großen Herausforderungen. Neben den kundenspezifischen Ausfallrisiken kommt auch dem Länderrisiko eine große Bedeutung zu.

Unter einem Länderrisiko versteht man dabei ein systemisches Risiko, welches alle privaten und staatlichen Unternehmen sowie Privatpersonen des jeweiligen Staates betrifft. Es beinhaltet politische und gesamtwirtschaftliche Risiken:

  • Zu den politischen Risiken zählen beispielsweise Unruhen, Generalstreiks, Verstaatlichung von Unternehmen oder ganzen Wirtschaftszweigen etc. Ebenso gehört das sog. Transferrisiko dazu; dies betrifft beispielsweise den Transfer von Geldern ins Ausland, der durch die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen und -barrieren behindert, wenn nicht gar verhindert wird.
  • Die gesamtwirtschaftlichen Risiken beinhalten Inflation, Korruption etc.

 

 

Praxis-Info!

Dem Länderrisiko kann durch eine Wertberichtigung Rechnung getragen werden. Hierbei wird der Forderungsbestand pro Land ermittelt und anschließend um einen pauschalen Faktor wertberichtigt.

 

 

Beispiel:

Die A-GmbH exportiert Waren in verschiedene Staaten. Zum 31.12.2011 bestehen u.a. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegenüber Kunden in Ungarn in Höhe von T€ 100 und an Kunden in Polen in Höhe von T€ 200.

 

Behandlung:

Aufgrund des bekannten Länderrisikos entschließt sich die A-GmbH, eine Wertminderung von 30% auf Forderungen gegenüber ungarischen Kunden vorzunehmen. Die Forderungen an polnische Kunden werden in ihrem Wert um 10% gemindert.

Die jeweiligen Wertminderungen beruhen einzig auf der geografischen Lage der Kunden, die individuelle Bonität spielt hierbei keine Rolle.

 
 

 

Das Bundeszentralamt für Steuern veröffentlicht jährlich eine sog. Übersicht zu den EWB-Länderrisiken (Download siehe hier). Die Übersicht enthält eine Reihe von Ländern und gibt pro Nation an, in welcher Bandbreite eine mögliche Wertberichtigung für Länderrisiken steuerlich zulässig ist, z.B. 20 bis 30% für Ungarn oder 0 bis 10% für Polen.

 

 

Praxishinweis:

Das Bundesfinanzministerium weist darauf hin, dass für Staaten des Euro-Währungsgebiets aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftsraums und der gemeinsamen Währung keine Devisentransfer- bzw. Konvertierungsrisiken bestehen.

 

 

Auch wenn Länderrisiken vor allem im Finanzbereich eine Rolle spielen, sollten sie auch von Unternehmen im Nicht-Finanzsektor beachtet werden. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsführer, welcher seinen Jahresabschluss unter Beachtung des Vorsichtsprinzips aufstellt, wird in seine Bewertungsüberlegungen einbeziehen, dass selbst die Steuerbehörden Wertberichtigungen für Länderrisiken akzeptieren. Sollte das Unternehmen dennoch von einer Wertberichtigung für Länderrisiken absehen, so ist zumindest im Lagebericht – sofern hinsichtlich der Höhe des (Forderungs)Risikos wesentlich – auf die bestehenden Länderrisiken hinzuweisen. Denn obwohl die vom Bundeszentralamt für Steuern veröffentlichte Übersicht lediglich die Höhe der steuerlich zulässigen Wertberichtigung festlegt, wird hierdurch auch eine Art Benchmark (Vergleichs-/Richtwert) gesetzt. Wird hiervon abgewichen, sollten die Gründe dafür festgehalten werden, um bei eventuellen – später auftretenden – haftungsrechtlichen Schwierigkeiten (z.B. bei Insolvenz oder einer Klage wegen falscher Darstellung in Wertpapierprospekten) über eine entsprechende Dokumentation zu verfügen.

Schwierig ist die Frage, wie das Länderrisiko bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegenüber verbundenen Unternehmen mit Sitz im Ausland berücksichtigt werden sollte. Wird in diesen Fällen von einer Wertberichtigung abgesehen, während für externe Kunden eine Wertberichtigung durchgeführt wird, kommt es zu einer Verletzung des sog. Fremdvergleichsgrundsatzes. Dies hat Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung der vereinbarten Transfer- bzw. Verrechnungspreise. Bei einer Gleichbehandlung, also der Wertberichtigung aller konzerninternen und -externen Forderungen, stellt sich die Frage, ob eine Wertberichtigung für Länderrisiko bei verbundenen Unternehmen auf den Bereich der Forderungen beschränkt bleiben sollte bzw. darf.

 

 

Länderrisiken im Rahmen der strategischen Vertriebsplanung

Neben der bilanziellen Richtschnurfunktion kann die vom Bundeszentralamt für Steuern veröffentlichte Übersicht auch eine erste Grundlage für strategische Vertriebsentscheidungen bilden.

 

 

Beispiel:

Die A-GmbH erhält die Anfrage, ob sie dauerhaft ein Unternehmen in Kasachstan mit Waren beliefern kann. Während die benötigte Logistik für die A-GmbH keine Probleme bereitet, stellt sich für die Geschäftsleitung die Frage nach dem Länderrisiko.

Bevor hier auf kostenpflichtige Anbieter (zur Ermittlung des Länderrisikos) zurückgegriffen wird, bietet die Übersicht zu den „EWB Länderrisiken“ einen ersten Anhaltspunkt. Gemäß dieser Aufstellung ist für Kasachstan eine Wertminderung von 30 bis 40% steuerlich zulässig. Die Geschäftsleitung kann nun entscheiden, ob die Höhe des Länderrisikos für sie akzeptabel ist, und unter Umständen einen Vergleich der zulässigen Wertminderungsbandbreite mit Staaten anstellen, mit denen bereits Lieferbeziehungen bestehen. 

 

 

Umgang mit Länderrisiken

Auch Länderrisiken können durch umsichtiges Management handhabbar werden. Während die Unternehmensleitung keinen Einfluss auf die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Länderrisikos hat, gilt dies bei der potenziellen Schadenshöhe nicht. Hier bieten sich verschiedene Strategien zur Risikovermeidung an:

  • Länderrisiko entziehen, d.h. keine Geschäfte mit einem Kunden, der in einem Staat mit hohem Länderrisiko ansässig ist;
  • Übertragung des Risikos auf Dritte, z.B. Versicherung (Hermes Kredite);
  • Übertragung des Risikos auf den Kunden (z.B. durch Vereinbarung von Vorauskasse);
  • Senkung des Risikos durch Entgegennahme von Sicherheiten, die nicht im jeweiligen Land belegen sind.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 1/2012

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