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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Abzinsung von unverzinslich gewordenen Verbindlichkeiten

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BFH-Beschluss vom 22.7.2013, I B 183/12

 

Wird hinsichtlich eines auf unbestimmte Zeit gewährten, ursprünglich verzinslichen Darlehens ab einem späteren Zeitpunkt vereinbart, dass die Überlassung der Darlehenssumme nunmehr unentgeltlich erfolgen solle, handelt es sich bei der Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensschuldners ab diesem Zeitpunkt nicht mehr um eine im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG 2002 „verzinsliche“ Verbindlichkeit (Bestätigung der Rechtsprechung).

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Dem BFH war die Streitfrage zur Prüfung vorgelegt worden, inwiefern Verbindlichkeiten, die verzinslich begründet und erst nach einigen Jahren durch Änderungsvereinbarung unverzinslich gestellt worden sind, als unverzinsliche Verbindlichkeiten der Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG 2002 unterliegen. Den von der Klägerin vorgenommenen Ausweis zu Nominalwerten lehnte das Finanzamt (FA) ab und nahm eine Abzinsung vor. Dies bestätigte der BFH unzweideutig und konnte weiteren Klärungsbedarf nicht erkennen.

 

 

Lösung

Der BFH lehnte mit seinem Beschluss die Revisionszulassung ab, weil sie offensichtlich so zu beantworten sei, wie es das Finanzgericht (FG) getan habe und folglich die zugrunde liegende Frage nicht klärungsbedürftig sei. Diese Klarheit der Rechtslage differenzierte der BFH in dreierlei Hinsicht:

 

(1) Geklärt ist demnach: Darlehen, die auf unbestimmte Zeit gewährt werden und daher nach den BGB-Vorschriften mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden können (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB), dürfen unter folgender Bedingung nicht im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG 2002 als Darlehen mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten angesehen werden: Nach den Umständen des Falls ergibt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung – trotz der formalen Kündigungsmöglichkeit – nach den Erkenntnissen zum Bilanzstichtag voraussichtlich eine längere Laufzeit (z. B. Senatsurteil vom 27.1.2010, I R 35/09, BStBl. II 2010, S. 478, m.w.N.).

(2) Ferner ist der BFH-Auffassung zufolge die mutmaßliche restliche Laufzeit von Verbindlichkeiten zu schätzen. Maßgebend sind dabei die Erkenntnisse zum Bilanzstichtag. Geben diese für eine etwaige spätere Rückführung der Darlehen nichts her, ist auf eine solche Rückführung nicht abzustellen (auch nicht, wenn dazu später im Zeitpunkt der Bilanzerstellung etwas bekannt geworden sein sollte).

(3) Nicht in Zweifel steht für den BFH ferner folgende von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung: Die Restlaufzeit einer unverzinslichen Verbindlichkeit kann analog § 13 Abs. 2 BewG geschätzt werden (Bewertung mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts bei unbestimmter Dauer), wenn für eine objektive Schätzung der Restlaufzeit keine Anhaltspunkte vorliegen (Senatsbeschluss vom 5.1.2011, I B 118/10, BFH/NV 2011, 986).

 

 

Praxishinweise:

  • Nicht beantwortet (weil im Streitfall nicht entscheidungserheblich) hat der BFH die Frage, ob etwas anderes gelten könnte, wenn bei einem auf bestimmte Zeit gewährten Darlehen Zinsen von vornherein nur für einen Teil der Laufzeit gezahlt werden sollen (vgl. BMF-Schreiben vom 26.5.2005, BStBl. I 2005, S. 699, Rz. 17). Da zu dieser Sichtweise der Finanzverwaltung in der Literatur Zweifel angemeldet wurden, muss abgewartet werden, ob die Vorlage eines entsprechend anders gelagerten Sachverhalts den BFH veranlassen könnte, sich hiermit detailliert zu befassen.
  • Ebenso fand seitens des BFH keine Unterstützung, dass mit der Klage Folgendes geltend gemacht wurde: Die Anwendung der Vorschrift des § 13 Abs. 2 BewG (dort wird konkret geregelt, wie der Wert von Leistungen von unbestimmter Dauer zu ermitteln ist) sei nicht sachgerecht, wenn es sich um Verrechnungskonten mit einer Vielzahl von Geschäftsvorfällen und unter Umständen täglich wechselnden Darlehensständen handelt. Zu Recht habe die Vorinstanz (das Niedersächsische FG, Urteil vom 18.10.2012, 6 K 114/12) wegen des Fehlens eines entsprechenden substantiierten Vortrags der Klägerin keine Anhaltspunkte für die Schätzung konkreter Darlehenslaufzeiten zu den jeweiligen Bilanzstichtagen gesehen und folglich auf § 13 Abs. 2 BewG zurückgegriffen.
  • Noch einmal zementiert hat der BFH die Auffassung, dass für Schätzgrößen – wie im Streitfall die voraussichtliche Darlehenslaufzeit – auf den Kenntnisstand zum Bilanzstichtag abzustellen ist und es insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Bilanzerstellung ankommt.

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

 

BC 11/2013

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